Das Dollar fressende Schwarze Loch und die Eurodämmerung

[Blut-an-den Stollen]

@ concierge:
Ich verstehe Dich (überspitzt) so:
Es ist notwendig, die einfache Bevölkerung dafür bluten zu lassen, dass die Gierhälse keinerlei Maß finden wollen. Das Finanz"system" wurde zu einer Festung ausgebaut, gesellschaftliche Kontrolle oder gar Weisung - z.B. durch Gesetze - müssen mangels Kompetenz scheitern.
Man könnte sagen, die Inkompetenz (speziell im volkswirtschaftlichen Denken) wird gerade von den hochgelobten Eliten verkörpert.

[concierge]

Da hast du mich falsch verstanden.

Es ist notwending, JETZT so zu reagieren, angesichts der Alternative einer Pleite, die einen immensen volkswirtschaftlichen Schaden nach sich gezogen hätte. Allgemein bin ich dafür, die Finanzmärkte insoweit zu regulieren, als dass sie sich (weitestgehend) selbst tragen können (bzw. durch andere Unternehmen getragen wird), so dass die Pleite eines Unternehmens nicht derartige Folgen hat wie im Moment. Dann sinken auch die Gesamtschäden für Volkswirtschaft und Gesellschaft. Regulierung darüber hinaus ist nicht notwendig und führt nur zu negativen Effekten.
Moral Hazard entsteht ja meist dann, wenn die Machtposition zu groß ist. Darauf sollte man achten. Wenn es die Möglichkeit gibt, Abfindungen auf ein erträgliches Maß (wer auch immer das bestimmt) herunterzufahren, so würde ich sie unterstützen. Gehälter sind gesondert zu betrachten.
Eine gesellschaftliche Kontrolle des Finanzsystem gibt es aufgrund der (In-)Kompetenz gar nicht (darin ist kein Vorwurf enthalten, es gibt halt schwierige Thematiken). Davon zu spechen, wäre eine Illusion. Regulierung kann es nur im kleinen Kreis geben. Ich wüsste auch nicht, weshalb man solche Themen zum Beispiel im Wahlkampf behandelt werden sollten, wenn noch nicht mal Dinge wie der EU-Vertrag thematisiert werden können.
Was verstehst du unter Elite? Die Unternehmensführungen oder die Regulierer (Minister, Beamte etc.)? In ersterem Falle würde ich nicht von Inkompetenz sprechen, sondern von Leichtsinn. Leichtsinn, weil die Position des eigenen Unternehmens stark gefährdet wird. Gesellschaftliche Absichten sind löblich, aber nicht notwendig, weil ein Imageverlust der Finanzbranche wenig Auswirkungen hat auf die Branche an sich, weil es keine Alternativen gibt. Wenn einzelne Banken etc. unvernünftig wirtschaften, verhält sich das natürlich anders.
Im zweiten Falle kann man davon auch nicht sprechen. Die Leute da sind alle hochkompetent. Es gibt halt unterschiedliche Interessen. Da zu einer Lösung zu kommen, ist schwierig.

@concierge

Das sehe ich ähnlich. Man muss aber sehr, sehr zurückhaltend mit diesen Eingriffen sein. Kurzfristig mag das helfen - ob es langfristig gut ist, wird die Zukunft zeigen. Wenn Rettungsaktionen des Staates schiefgehen, bleibt der Staat auf der Kohle sitzen und es hat wenig gebracht, denn die Kredite wird er dann nicht zurückbekommen. Es muss bei diesen Investment-Banker-Typen mal das Bewusstsein geschaffen werden, dass sie für ihren Mist selbst gerade stehen müssen.

Dennoch sind die Alternativen - alles sich selbst überlassen oder staatliche Regulierung - ebenfalls keine. Eine große Banken-Krise trifft die kleinen Leute weit härter als eine staatliche Rettungsaktion, weil durch Domino-Effekte Arbeitsplätze zu tausenden vernichtet worden wären. Und staatliche Banken sind dann immer noch ne Spur dämlicher als andere - Sachsen und West-LB und die KfW lassen grüßen.

[Annabelle]

@ concierge:
Ich verstehe Dich (überspitzt) so:
Es ist notwendig, die einfache Bevölkerung dafür bluten zu lassen, dass die Gierhälse keinerlei Maß finden wollen.

Meine Güte! Was hast Du erwartet? Du lebst im Kapitalismus. Früher hatte man für den Kaiser zu bluten, heute halt für die Lehman Brothers und Bear Stearns. So ist das in den Diktaturen dieser Welt nun mal.

Komme ja nicht auf die Idee, daran etwas ändern zu wollen.

Grüße

Annabelle

[Blut-an-den Stollen]

Komme ja nicht auf die Idee, daran etwas ändern zu wollen.

Ich doch nicht - nie!

Moral Hazard hat ja nun auch Concierge in den Mund genommen. Droht das nicht angesichts bis zu 1 Billion Dollar Staatseingriff? Das verleitet doch dazu, so richtig Scheiße zu bauen. Wenn man eine 0,5 Wahrscheinlichkeit hat, enormen Gewinn und damit Ansehen und Macht an der Wall Street zu erzocken, und ist die Alternative der bevorstehende Abgrund des Finanzsystems, was dann aber der Staat scheinbar alles glatt bügelt, dann gibt es überhaupt kein Risiko. Nun handelt niemand alleine in dem Ausmaß, dass das Weltfinanzsystem ins Wanken gerät (oder vielleicht doch, theoretisch?), aber die Grundstimmung entspricht doch dem gesagten. Man muss sich doch nur mal ansehen, was die jetzt für ein Kursfeuerwerk abfackeln. Die feiern sich selbst. Das ist im höchsten Maße grotesk.

[Bierstandszene]

Man muss sich doch nur mal ansehen, was die jetzt für ein Kursfeuerwerk abfackeln. Die feiern sich selbst. Das ist im höchsten Maße grotesk.

Jeden Morgen steht ein Dummer auf, dem ich das Geld aus der Tasche ziehen kann.

same procedure as last year, Miß Sophie?

Es wird sich nichts ändern- dieselben Leute werden dasselbe Spiel erneut spielen. Ist ja letztendlich nur Monopoly. Und diese Leute gehen immer direkt über Los.

[Annabelle]

Kurzfristig mag das helfen - ob es langfristig gut ist, wird die Zukunft zeigen.

„Now, in the long run this is probably true. But this long run is a misleading guide to current affairs. In the long run we are all dead. Economists set themselves too easy, to useless a task if in tempestuous seasons they can only tell us that when the storm is long past the ocean is flat again“

John Maynard Keynes

Langfristige Erwägungen können sich die Amerikaner gar nicht mehr leisten. Sie können nicht darauf vertrauen, dass sich der Ozean womöglich übermorgen beruhigt. Sie müssen vielmehr dafür sorgen, dass es ihn morgen überhaupt noch gibt.

Grüße

Annabelle

[Bierstandszene]

Auch wenn ich deiner sonstigen Argumentation des Öfteren nicht folgen kann- in dem Fall hast du absolut recht.

Wem das Wasser bis zum Hals steht, dem reicht erstmal ein Teelöffel.

Keynes als Prokapitalist - Annabelle lernt dazu

Nur dass der Ozean verschwindet - das stimmt natürlich nicht. Es gibt Gewinner und Verlierer der Krise, Kapitalisten, die Millarden versenken und welche, denen die Millarden jetzt gehören. Ebbe und Flut sozusagen.Das begreifen aber viele Vulgärmarxisten nicht - dass die Krise Bestandteil des Systems ist und sozusagen eine Art schöpferische Zerstörung ist. Um diesen Mechanismus zu nutzen, wäre laufen lassen oft besser. Durch solche eingriffe und Subventionen werden falsche, ineffiziente Märkte am Leben gelassen, die es nicht mehr geben sollte.

[Blut-an-den Stollen]

Das begreifen aber viele Vulgärmarxisten nicht - dass die Krise Bestandteil des Systems ist

Wer hat das denn wohl ausgiebiger untersucht als Marx und Engels?
Vielleicht ist aber ein Vulgärkapitalismus-Cheergirl mit dieser Frage überfordert?

[Bierstandszene]

Es gibt Gewinner und Verlierer der Krise, Kapitalisten, die Millarden versenken und welche, denen die Millarden jetzt gehören.

Wenn es ihre eigenen Milliarden wären, ginge ich Konfekt.

Nenne mir bitte auch nur einen einzigen Milliardär, der jetzt Sozialhilfe beantragen muß. Realistisch betrachtet ist das Geld der Steuerzahler jetzt in den Taschen der Kapitalisten. No risk, no fun- mit fremder Leute Geld machts echt Spaß.

Nee - für Vulgärmarxisten ist die Krise ein Beweis dafür, dass der Kapitalismus bald zusammenbricht. Das stimmt nachweislich nicht. Krisen sind eher ein Moment der Umverteilung - die einen verlieren, die anderen gewinnen.

Die aktuelle Finanzmarktkrise wurde zu einem erheblichen Teil durch billige Kredite und eine Erhöhung der Geldmenge ausgelöst. Die Zinsen waren niedrig und es lohnte sich, Kredite aufzunehmen und in windige Anleihen, die kaum einer ganz versteht, reinzupumpen.

[krusewitz]

SO 19.8.

FINANZMARKTKRISE BaFin verbietet Leerverkäufe in Deutschland

Maßnahme gegen die Börsenkrise: Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hat vorübergehend sogenannte Leerverkäufe in Deutschland untersagt. Die Sperre soll bis zum Jahresende und für bestimmte Unternehmen gelten....

[Neil McCauley]

Das führt aber auch dazu, dass da nur Leute sitzen, die an die Selbstregulierung glauben. Und dafür gibt es ja prinzipiell auch gute Gründe, zum Beispiel die gegenseitige Abhängigkeit zwischen Banken, Versicherungen, Ratingagenturen usw..

Das sind die Auslöser dieser Krise. An irgendwelche Müllfonds ihre AAA Ratings vergeben. Natürlich alles ganz neutral und wohlgeprüft. crazy

Dennoch sind die Alternativen - alles sich selbst überlassen oder staatliche Regulierung - ebenfalls keine. Eine große Banken-Krise trifft die kleinen Leute weit härter als eine staatliche Rettungsaktion, weil durch Domino-Effekte Arbeitsplätze zu tausenden vernichtet worden wären. Und staatliche Banken sind dann immer noch ne Spur dämlicher als andere - Sachsen und West-LB und die KfW lassen grüßen.

Das ist ja das ganze Dilemma. Not oder Elend.

Das Problem an der Geschichte ist: Die Bundesregierung hat mit einer unvergleichlichen Kampagne dafür gesorgt, dass man privat fürs Alter vorsorgt. Und wenn bei der herrschenden Vernetzung eine riesige Versicherung wie AIG liquidiert wird, dann müsste man auch einigen Deutschen Privatvorsorgern, die denken sie hätten mit AIG gar nichts zu tun, sagen, "dass der Markt sich ungünstig entwickelt hat".

Aber wann ändert sich dort mal was. Diese achso tollen Banker holen sich die höchsten Provisionen mit den riskantesten Fonds, nur wenn was schiefgeht muss keiner geradestehen (aber die nichtspekulierende Bevölkerung mit ihren Steerzahlungen). Geschäftemachen ohne Risiko kann nicht gutgehen. Und alle (ich weiß, pauschalisierend, aber ich bin gerade etwas in Rage) die bei Lehman jetzt entlassen wurden haben sich durch solche Katastrophendeals eine goldene Boninase verdient. Mitleid dort? Keine Spur!

Man muss sich langsam auch fragen ob das Haftungssystem in Bezug auf leitende Angestellte nicht überdacht werden muss.
Irgendwie passen auch die monströsen Gehälter und das aufgeblasene Selbstbewusstsein vieler Bankchefs überhaupt nicht zu deren Leistungen.

Und die Zeche wird von oben herab verteilt. Man selber nimmt zwar nicht teil am Aktiengeschäft, darf aber für deren Rettung geradestehen. An diesem Punkt scheint es dann vorbei zu sein mit dem Turbokapitalismus, es setzt der Zwecksozialismus ein.

PS: Welche Häuser in den USA gehören jetzt eigentlich mir?