Zitat von
Claudia Schiffer
Ich mache mal einen Ausflug in die Personalführung. Bei Fehlleistungen einen Verantwortlichen feuern und durch einen vermeintlich besseren zu ersetzen, ist ein natürlicher und ganz üblicher Reflex. Der funktioniert dann, wenn die Fehlleistung wirklich in der Person lag. Kein Problem der Organisation, kein Problem der Zusammenarbeit, kein Problem des Umgangs mit äußeren Umständen. Und auch keine persönliche Schwäche, die durch Fortbildung, Coaching oder andere Entwicklungsmaßnahmen auszugleichen wäre. Beispielsweise eine narzisstische Persönlichkeit oder völlige Überforderung mit der Größe der Aufgaben oder völlige kulturelle Fremdheit. Bei jemand wie Donald Trump wäre ein Austausch der Person die einzig sinnvolle Maßname, um die Regierung der USA wieder irgendwie handlungsfähig zu bekommen. In der Realität sind die meisten Probleme auch von Führungsversagen aber komplexer. Wenn man dann trotzdem den Verantwortlichen feuert, ist das in erster Linie ein Symbol: Wir machen so nicht weiter. Es soll sich wirklich etwas verändern. (Oder eben in manchen Wirtschaftsunternehmen genau nicht. Wir setze ein Symbol und eigentlich kann der Neue genau das tun, was der Alte auch gemacht hat. Er sollte sich bloß nicht erwischen lassen.) Inzwischen weiß man, dass die meisten wirklichen Probleme in Unternehmen nicht durch andere Personen gelöst werden können, gerade weil JEDE Führungskraft ihre Schwächen hat und Fehler mach und weil die allermeisten Firmen nicht in der Position sind, die wenigen absoluten Überflieger einzukaufen. Die Frage moderner Personalführung ist also, wie man ein leistungsfähiges Ganzes schafft und wie man die Leute, die man hat entwickeln kann. Und da geht es dann um kulturelle Prozesse wie Fehlerkultur und Kooperation, um intelligente Vernetzung im Unternehmen und mit denen, die außerhalb des Unternehmens Kompetenzen haben, die im Unternehmen fehlen.
Ein Signal zu setzen wäre bei Floko offensichtlich der sinnvolle Grund für eine Entlassung. Jemand trägt die Verantwortung, der "Werder-Weg" ist schief gegangen. Jemand von Außen soll frischen Wind bringen.
Unabhängig von diesem Signal muss aber klar sein, der Austausch eines Trainers wird wenig bringen. Floko ist fachlich gut, viele aus der Branche sagen herausragend. Er hat vielleicht das persönliche Problem, dass er "zu nett" ist. Das wäre aber durch Coaching und vielleicht einen harten Hund als Co-Trainer einfach zu korrigieren. Die Probleme des Vereins liegen aber deutlich tiefer. Eine komische Risiko-Kultur, ein Bisschen Werder-Filz, ein Bisschen viel Toleranz für Minderleistungen und Kompromisse im Verein selbst. Ich könnte mich richtig mit diesem Verein identifizieren, wenn er sagen würde: Wir machen nicht Personalführung aus den 1950er Jahren und feuern den Verantwortlichen im großen Bogen. Sondern wir sind ein Team, das sich der Aufgabe stellt, nach innen offen zu sagen, wo wir Kompetenzen zukaufen müssen, wo wir Strukturen verändern müssen, wo wir die Kultur ändern müssen. Und wo wir uns von Personen trennen müssen, die in diesem Weg keinen Platz haben. Das war in der Winterpause die medizinische Abteilung. Dörrfuß hatte ja wohl tatsächlich Kompetenz- und Kooperationsprobleme. Ein zweiter potentieller Bereich wäre wohl der Standardtrainer, so sympathisch wie die Geschichte von Vater und Sohn im gleichen Verein auch ist. Ein dritter potentieller Bereich wäre Scouting. Verdiente verletzungsanfällige Bundesligaprofis waren wohl ein falsches Scoutingschema. Ist das ein Problem falscher Vorgaben? Fehlt es in der Abteilung an Kompetenz? Ist ein im eigenen Verein ausgebildeter Ex-Profi der Richtige Abteilungsleiter? Ein vierter Bereich wäre die Frage, warum ist bei der Kaderplanung nicht aufgefallen, dass man lauter gute Fußballer kauft, aber keinen guten Kopfballer, keinen guten Sprinter, keinen guten Boxer und kein Arschloch. Liegt es daran, dass man auch im Führungsteam etwas harmonisch, spielerisch ist und dass man selber etwas konfliktscheu ist. Oder fehlt die fachliche Seite, die feststellt wie athletisch und schnell Fußball inzwischen ist und dass die Idee, die man hatte vom Fußball, eher so Barcelona 2000 war. Ich könnte weitermachen bei der Beziehung zu Herrn Mäurer und dem Management des NLZ.
Also eigentlich ein Analyseprozess, der die Sommerpause überdauern müsste und wohl kaum in drei Abendsitzungen im AR zu lösen wäre. Vielleicht holt man doch lieber einfach Slomka als neuen Trainer. Der ist zwar nicht aus Bremen, aber immerhin aus Hannover und soll auch ein netter Typ sein, was man so hört.