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kalli Nov. 2010
Ich habe derzeit ein bisschen das Gefühl, dass wir an einem Scheideweg stehen, einige Verträge laufen jetzt oder bald aus, darunter viele Leistungsträger, ehemalige Leistungsträger und Spieler die ihre Versprechen nie einhalten konnten. Ich habe derzeit das Gefühl, dass wir über unsere Verhältnisse leben, was die Kaderkosten angeht. Zudem stimmt die Relation von Kosten und Leistung nicht. Wir zahlen CL-Gehälter, haben vom Leistungsstand aber eine UEFA-Cup-Mannschaft. Mal grob formuliert. Meiner Meinung nach ist hier eine Konsolidierung nötig, ein kleiner Umbruch, eine Neuausrichtung des Kaders und vor allem eine Neuausrichtung des Gehaltsetats.
Wir haben denke ich einen guten Kader mit viel Potential, was derzeit fehlt ist das Leistungsniveau. Arnautovic, Wesley, Marin, Hunt (Mielitz?) - das sind alles Spieler, die richtig groß werden können, es aber noch nicht sind. Frings, Boro, Silvestre und mit Abstrichen auch Fritz und eventuell sogar Merte waren mal Topspieler, sind es aber nicht mehr in dem Maße. Wiese, Naldo und Piza sind Raketen, ohne wenn und aber. Boenisch, Prödl, Bargfrede und Hugo können gute Spieler werden, keine Topspieler vielleicht, aber gute Bundesligaspieler. Petri, Jensen und Rosi sind ok. Gute Jungs, aber ohne das Potential zu ganz oben.
Die Frage die sich derzeit stellt ist meiner Meinung nach die, ob wir so weitermachen können und wollen wie bisher, ob wir den Kader bei gleich bleibendem Gehaltsniveau hier und dort immer mal wieder verändern wollen, oder ob es eventuell Zeit ist, das Gesicht des Kaders zu verändern, altgediente Haudegen aus zu sortieren und eine jüngere Mannschaft nach den Vorstellungen des Trainers aufzubauen. Mir ist bewusst, dass man bei einem Umbruch wahrscheinlich einen Rückschritt und ein bis zwei Übergangsjahre in Kauf nehmen müsste in denen man nur um den UEFA-Cup mitspielen, allerdings halte ich die Wahrscheinlichkeit nicht für gering, dass man eventuell gestärkt daraus hervorgehen würde. Man müsste das natürlich auch entsprechend kommunizieren, logisch.
Ich habe derzeit ein bisschen den Eindruck, dass während der Transferperioden immer nur herum gedoktort wird, aber die ganze große Vision fehlt. Die Mannschaft ist gut meiner Meinung nach und sie hat eine Menge Potential aber irgendwie fehlt mir der rechte Drive in der Truppe. Sie wirkt nicht homogen und nicht wirklich hungrig, die Balance stimmt nicht ganz. Und vor allem stimmt die Relation von Leistung und Gehaltsniveau nicht. Die Mannschaft hat den Anspruch eine ordentliche CL-Mannschaft zu sein, das ist sie aber nicht. Sie ist eine gute Euroleague-Mannschaft, was keine Schande ist. Für die CL fehlen uns die Leistungssträger im sogenannten besten Fußballalter, solche die den Unterschied ausmachen. In unseren großen CL-Jahren hatten wir mit Micoud, mit Klose, mit Ivan, mit Ernst, mit Frings etc. genau solche - derzeit nicht. Da fehlt die Balance. Dieses Missverhältnis entsteht natürlich dadurch, dass wir uns keine Spieler leisten können, die bereits CL-Niveau haben, wir müssen auf solche zurückgreifen, die jenes erreichen können oder bereits darüber hinaus sind. Das ist der Nachteil des Standortes Bremen.
Glücklicherweise hat der Standort Bremen auch einen gewaltigen Vorteil: die Ruhe, das Umfeld, die Solidität, die Gemütlichkeit, all dies ist trotz des ungeduldigen Operettenpublikums immer noch vorhanden. Diesen Standortvorteil sollten wir uns meiner Meinung nach noch mehr zu Nutze machen. Es gibt wenig Vereine in denen junge Spieler bessere Entfaltungsmöglichkeiten haben als hier, also sollten wir auch auf junge Spieler setzen. Das ist unsere einzige Möglichkeit. Um dauerhaft im Konzert der ganz Großen mit den Mitteln der Großen mitspielen fehlt es uns an finanzieller Substanz.
Wir müssen meiner Meinung nach unsere eigentlichen einzigartigen Standortvorteile wieder mehr in die Waagschale werfen und nicht zwanghaft versuchen, etwas darzustellen, was wir nicht sind. Und im Moment versuchen wir das. Wir haben einen Gehaltsetat, der über den natürlichen Verhältnissen Werder Bremens liegt und dadurch entsteht ein Leistungsdruck, der sich mit dem Talenteveredelungsweg den wir einschlagen, den wir einschlagen müssen nur schwer vereinbaren lässt. Meiner Meinung nach wäre es der richtige Weg, in Zukunft wieder verstärkt auf die Jugend zu setzen, den Jungen auch Fehler zuzugestehen und zu hoffen, dass sich irgendwann, in 1 oder 2 oder vielleicht auch erst in 3 Jahren daraus eine Mannschaft entwickelt, die etwas erreichen kann. Doch das klappt nicht, wenn Verantwortliche, Spieler und Medien den Leuten suggerieren, dass wir eine absolute Topmannschaft sind. Das sind wir derzeit nämlich nicht. Wir sind eine von den 5 Topmannschaften in der Liga, klar, aber wir sind keine europäische Spitzenmannschaft. Dafür haben wir zu viel Substanzverlust hinnehmen müssen in den letzten Jahren.
Derzeit haben wir ein Missverhältnis aus Erwartungshaltung seitens der Fans und auch der Verantwortlichen, finanziellem Aufwand und Leistung und das liegt nicht daran, dass die Mannschaft kein Potential hat, sondern daran, dass sie schlicht und ergreifend noch nicht so weit ist. Wir haben gute bis herausragende Talente, doch die bekommen hier inzwischen nicht mehr die Zeit und die Lockerheit die sie brauchen, um sich zu hervorragenden Spielern entwickeln zu können. Das macht mir Sorgen.
Deshalb plädiere ich dafür, einen Schritt zurück zu wagen, um wieder eine junge, hungrige Mannschaft aufzubauen, die für etwas steht, die eine Vision verfolgt und die über Teamgeist verfügt. Daran fehlt es derzeit. Dabei ist es zwanghaft von Nöten den Gehaltsetat zu reduzieren. Meiner Meinung nach sollten erst einmal keine Spieler mehr verpflichtet oder verlängert werden, die mehr als 2 Millionen Euro verdienen. Spitzengehälter von 4 Millionen sind meiner Meinung nach mehr, als Werder Bremen normalerweise zahlen kann, liegen über unseren Verhältnissen.