Zitat von
MaxUnknown
Da Stüven Sanchez nachlegt bequeme ich mich dazu, das ebenfalls zu tun. Das letzte Mal schrieb ich schon: Da gehts nicht um einen Beirat oder um Beratung, da gehts um den Aufsichtsrat. Da ist man mit 30 Jahren ohne besondere Berufserfahrung eventuell nicht passend.
Es gibt ja noch diverse andere Kandidaten, wie bspw Henning Lühr. Der ist 70 Jahre alt, sein Lebenslauf beeinhaltet fast 20 Jahre Erfahrung als Finanzstaatssekretär. War im Verwaltungsrat von Dataport, Vorsitzender eines Arbeitgeberverbandes, Präsidiumsmitglied der VKA, ist Vorsitzender des Stiftungsrates der Bremer Bürgerstiftung. Zudem ist er bereits im Aufsichtsrat der Weser-Stadion GmbH.
Ob Lühr eine gute Wahl wäre? Das vermag ich nicht zu beurteilen. Allerdings hat der enorme Erfahrung. Wozu braucht ein Aufsichtsrat jemanden mit der Vita von Stüven Sanchez, die in der FAZ davon redet, sich 'viel mit Finanzfragen beschäftigt zu haben'. Mir ist das so dermaßen viel zu wenig. Keine Berufserfahrung oder Ausbildung passend zu einer AR-Rolle, in ihrem Job bei der Deutschen Windtechnik ebenfalls in keiner leitenden Position und bzgl Finanzen sich mal eben ein bißchen hier und da reingelesen.
Ist mir von der fachlichen Qualifikation einfach zu wenig.
Kommen wir zur Präsentation. Zuerst prescht Wontorra im Dezember vor. In Wontorra-Art. Während medial spekuliert wird gibts keinen Vorstoß, keine simple und platte Information, sondern Wontorra selber schreibt in seiner Kolumne: eine "Gruppe von besorgten Vereinsmitgliedern" habe ihn kontaktiert. Aus dieser Gruppe stamme auch eine "sehr engagierte und kompetente Frau aus dem Kreis der Fanvertreter". Der Name? Egal. Wird später dann von der Bild-Zeitung eingestreut.
Dann wieder Wontorra: "Es waren sogar weit über 50 Mitglieder, die für mich unterschrieben und damit für mich geworben haben." Und er erzählt davon, "dass Vertreter von mehreren Werder-Fan-Gruppierungen, die sich zusammengeschlossen haben, an mich herangetreten sind." Wer genau? Werderfans, "die lieber in der Ostkurve stehen, als im VIP-Bereich zu sitzen". Der Deichstube erklärt er: 'Jeweils ein Vertreter der insgesamt zehn Fan-Gruppen sei bei dem Gespräch dabei gewesen, hinter jeder Gruppe würden etwa 30 Personen stehen.'
Wer genau diese Fans sind? IY hörte sich um, das Resultat: "Auch nach ausdrücklichem Umhören in der aktiven Fanszene konnte uns keine einzige der „10 Fangruppen“ vorgestellt werden." Der Dachverband der Werderfanclubs schob gleich hinterher: man habe sich ebenfalls umgehört und niemanden gefunden. Auch Stüven Sanchez kann dazu im FAZ-Interview keine Auskunft geben.
Eigentlich ists das nicht mal ne Nebensache. Wontorra hätte sagen können, dass Werderfans ihn angesprochen hätten und ihn unterstützen. Und das wärs gewesen. Dass er aber so viele Andeutungen macht und bis heute nichts dazu auffindbar ist? Peinlich.
Die einzige wirkliche Aussage von Wontorra oder Stüven Sanchez zu der Thematik gab es später ggü der Deichstube, dass man keine weiteren Infos zu den Unterstützern geben wolle, um nicht "unfair" zu sein. Denn: "Das ist ein Zeichen absoluter Wertschätzung gegenüber dem Wahlausschuss. Der Anstand verlangt diesen Weg." Überragend. Eignung für Diskussionen im AR: 10 von 10.
Dann haben wir Ende April. Wontorra und Stüven Sanchez verschicken an haufenweise Medien ein Schreiben, eine Art Pressemitteilung. "Jetzt reicht's" ist die Überschrift. Und jetzt heißt die Gruppierung "Kein-weiter-so". Und meckert über die letzten Ereignisse bei Werder. "Unprofessionell und respektlos" ist die Aussage, "Werder braucht endlich wieder Macher".
Warum eine Pressemitteilung, warum zu dem Zeitpunkt und gings nicht nur um eine AR-Kandidatur? Stüven Sanchez sagt auf Deichstube-Nachfrage dazu nur: "Es wird Zeit, unsere Meinung kundzutun."
Die Deichstube würde entsprechend gerne mal mehr mit ihr reden. Die sagt erst zu, dann aber - wohl aufgrund der Reaktionen auf die Pressemitteilung verwundert - kurzfristig wieder ab. Begründung: "Mein Anliegen ist es nicht, auf Teufel komm raus an Bekanntheit zu gewinnen, der Verein steht jederzeit im Vordergrund." Und: 'Im Fokus sollen bis Freitag die Mannschaft und das anstehende Pokalspiel stehen, betonte Stüven Sanchez.'
Lässt sich quasi vor den Wonti-Karren spannen, kontaktiert deutschlandweit Medien, sorgt natürlich für Aufruhr, sagt einer Gesprächsanfrage erst zu, dann direkt wieder ab und sagt: konzentriert euch doch bitte aufs Sportliche.
Behalten wir mal im Hinterkopf, dass es nicht darum geht "auf Teufel komm raus an Bekanntheit zu gewinnen".
Weiterhin steht aufgrund der Corona-Situation noch kein Termin für die Mitgliederversammlung, es wurde auch noch kein Zeitraum in Aussicht gestellt. Der Wahlausschuss, der alle Kandidaten noch persönlich im Gespräch kennenlernen und abnicken muss, der - festhalten - hat aktuell seine Tätigkeit eingestellt. Demnach gibts noch keine offiziellen Kandidaten, keinen Termin, nichtmal einen absehbaren Zeitraum für die AR-Wahl.
Was soll man derzeit also groß erzählen? Die zwischendurch ebenfalls als AR-Anwärterin bekannt gewordene Ulrike Hiller äußert sich nicht dazu. Der Zeitpunkt ist ja noch nicht gekommen.
Nun erscheint gestern morgen an einem Spieltag während einer extrem angespannten Lage ein Interview von Stüven Sanchez in der FAZ. Nur für Abonennten, hinter einer Paywall. Ich habe hier schon gelesen, dass sie ja wenig davon beeinflüssen könne. Das ist nicht ganz richtig. Sowohl der Zeitraum als auch das Wie der Veröffentlichung lassen sich besprechen und erfragen. Man braucht auch nicht auf die Idee kommen, dass sie dafür eben zu unerfahren sei. Denn dann wäre es einerseits wie eingangs schon erwähnt wohl eher niemand, den ich aktuell in einer führenden Rolle bei einem Fußballklub sehen möchte. Aber andererseits möge man bedenken, wer denn bei der 'Kein-weiter-so'-Gruppe neben ihr im Fahrersitz hockt: Jörg Wontorra. Mit etwas Medienerfahrung ausgestattet. Und entsprechend ist der Interview-Zeitpunkt genauestens bedacht.
Nun verwundert trotzdem, warum ein solches Interview denn bei der FAZ? Der hier schon erwähnte Lühr gab der Deichstube ein kurzes Interview als seine Kandidatur bekannt wurde. Ein Werder-Blatt, was die entsprechende Zielgruppe erreicht. Da kommt er mit seiner Botschaft an, wo er ankommen will und muss.
Wozu genau also ein Interview einer AR-Kandidatin - wohlgemerkt: Kandidatin, nicht Mitglied - eines Bundesliga-Fußballklubs in einer überregionalen Zeitung? Obendrein nichtmal für die Zielgruppe wirklich zugänglich (hier als Anmerkung: die bisherigen FAZ-Artikel zu der Thematik sind frei zugänglich). Man erinnere sich an: "Mein Anliegen ist es nicht, auf Teufel komm raus an Bekanntheit zu gewinnen."
Laut eigener Aussage geht es ihr vor allem um Finanzthemen. Wovon sie aber wenig Ahnung hat bzw keine Erfahrung vorweisen kann. Außerdem ist die Fanseite wichtig. Sie ist allerdings weder aus der aktiven Fanszene noch ist sie sonst irgendwie vorher in dem Bereich aktiv geworden. "Werder braucht endlich wieder Macher" sagte sie vor knapp zwei Wochen. Sie selber gehört erkennbar nicht dazu.
Wer die Pressemitteilung von 'Kein-weiter-so' als Ganzes gesehen hat, dem dürfte spätestens da klar geworden sein, warum passiert was passiert. Die gute alte Bauernfänger-Methode. Die größten Kritikpunkte, die sich bei den meisten Fans aktuell überschneiden, herausgesucht und erzählt, dass man genau das eben auch so sehe. Wontorra ist halt ein erfahrener Profi. Und entweder ist Stüven Sanchez da etwas naiv oder einfach die passende Beifahrerin.
Wahlkampf ohne offiziell im Rennen zu sein. Bauernfängermethoden während der Verein in einer Existenz-bedrohenden Lage ist. Aussagen, den Verein jederzeit im Vordergrund zu sehen, diese Aussagen aber nicht leben.
Bei aller (aktuell extrem großen) Kritik an den sportlich Verantwortlichen, an den Geschäftsführern, dem Aufsichtsrat bzw. hier eben vor allem dem AR-Vorsitzenden: nicht jede Alternative ist eine bessere Alternative.
Ich vermag (noch) nicht zu beurteilen, ob die bereits öffentlich erwähnten Lühr oder Hiller letztlich gute Optionen sind. Ich weiß auch nicht, ob da noch jemand anderes bereits vorhanden ist oder noch dazu kommt, wo ich mehr Hoffnung habe. Was ich trotzdem schon jetzt mit Überzeugung sagen kann: neben Wontorra wird auch Stüven Sanchez meine Stimme ganz sicher nicht bekommen. Zumindest bei mir steht der Verein dann doch im Vordergrund. Und für den Aufsichtsrat des Vereins wäre sie mMn keine gute Wahl.