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Thema: Wer liesst denn noch Heutzutage?

  1. #8431
    Avatar von Nordmanntanne
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    Mal auf die Schnelle: Ein schöner und ungewöhnlicher Krimi ist 'Der Freund der Toten' von Jess Kidd. Spielt in einem kleinen irischen Kaff der 1970er. Waisenkind, inzwischen junger und gutaussehender (woraufhin die Damen des Dorfes scharf auf ihn sind) Mann Mitte 20, kommt das erste Mal in seinem Leben ins Dorf und will seine Mutter suchen, die er verschollen glaubt (bzw., man weiss sofort, dass sie ermodet wurde). Stellt zusammen mit einer schrulligen alten Schauspielerin und Amateurregisseurin der Heimatbühne Nachforschungen an, die das ganze Dorf aufmischen. Neben der spannenden Frage, wers denn jetzt war, besticht das Buch durch viel Humor im Schreibstil wie der beschriebenen Personen und durch das Vorkommen von Geistern toter Dorfbewohner. Die können nur der Junge und seine Verbündete sehen. Sehr skurril und sehr unterhaltsam.

  2. #8432
    Avatar von Nordmanntanne
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    Ich hau noch mal einen raus: Gerade den ersten Band der 'Inspector Jury'-Reihe von Martha Grimes gelesen ('Inspector Jury schläft außer Haus' = bekloppter deutscher Titel). Aus den 1980ern, deutsch glaube ich 1987. Richtig schön old fashioned english, hätte schwören können die Grimes sei Engländerin, aber nein, Ami. Klassischer 'Who's done it' mit jeder Menge England, noblem Detective und eben solchem Helfer, humorvoll und ironisch geschrieben, trotzdem spannend. Fühlte mich sofort an 'Mord im Orientexpress' erinnert. Da werde ich mir mal mehr von gönnen, gibt ja ne ganze Palette davon.

  3. #8433
    Avatar von =Vince=
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    Oh, Inspector Jury stand auch immer bei uns im Ferienhaus und ich hab da immer mal mit geliebäugelt...werde ich im nächsten Urlaub dann doch mal anfangen!
    Life isn’t, and has never been, a 2 – 0 victory against the League leaders after a fish and chips lunch. (Nick Hornby)

  4. #8434
    Avatar von Nordmanntanne
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    Mal was zum Thema 'Rezensionen'. Hattte mir für den Urlaub ein Paar Bücher bestellt, z.T. ziemliche Schinken. Habe einen Ordner mit 'zu lesenden', bestehend aus alten Rezensionen aus der ZEIT, oder aber auch digital ne excel-Tabelle, dazu Rezensionen, gerne auch aus aus 'Perlentaucher.de, weil die immer schöne Zusammenfassungen überregionaler Zeitungen haben. Zuerst also 'Der Perser' von Alexander Ilitschewski gelesen. Ich spare jetzt mal den Kurzinhalt. Für mich das Reizvolle: Spielt am Kaspischen Meer. Zuerst fand ichs sehr sehr interessant, weil sehr viel über die Gegend (Landschaft, Bevölkerung, Flora/Fauna), v.a. aber auch die Geschichte 'erzählt' wurde. Dass da Alfred Nobel in Baku Geld gemacht hat v.a. mit Öl, ebenso wie viele andere Europäer. Aber auch welche russischen Literaten da Kommunen gegründet haben (ich kannte Velimir Chlebnikov überhaupt nicht), wie es zu Sovjetzeiten, auch der Einfluss von Religionen, hier auch v.a. die Nähe zum Iran. Ich hab also ne Masse gelernt. Aber die story zog sich wie Kaugummi, und irgendwann dachte ich: Ok, das ist alles sehr sehr interessant. Aber wo bleibt die Geschichte (geht um zwei Männer die als Kinder in der Gegend engst befreundet waren und sich nach Jahrzehnten wieder sehen, der eine Geowissenschaftler in Ami-Land, der andere jetzt Sufi und Naturparkranger)? Ich hab dann irgendwann aufgehört zu lesen und verstehe bis heute nicht, wieso man den roman so in den Himmel loben konnte.
    Aus ganz anderem Grund war ich platt beim Lesen von 'Mein Ein und Alles' von Gabriel Tallent. Geht um ein jugendliches Mädchen die mit ihrem Vater zusammen in ärmlichen, schäbigen und inzestuösen Verhältnissen lebt. Von Rezensionen in den Himmel gelobt von Washibgton Post, NYT, Guardian, Hamburger Abendblatt (ok, die stören in der Reihe) und Stephen King (vermutlich vom Verlag gebeten, keine Ahnung). Als relativ früh geschildert wird wie der Vater seine Tochter vergewaltigt, kam bei mir der Ekel hoch. weiter geht's mit Schießübungen, Tierschlachtungen und einfach jeder Menge Elend. Hab's dann weggelegt und fand irgendwann im Netz mal einen Rezensenten, der genauso angewidert war wie ich. Das fand ich dann beruhigend.
    Ein wirklich sehr dickes Brett ist 'Die unerhörte Geschichte meiner Familie' von Miljenko Jergovic, 1095 Seiten. NZZ sagt 'Weltliteratur'. Geht um seine Familie auf dem Balkan, man kann gar nicht alle Staaten/Nationalitäten/Volksgruppen aufzählen die in seiner Familie im 20. Jahrhundert vereint sind über mehrere Generationen. Bin gerade in der Zeit zum Ende des 2. Weltkriegs. Ist historisch total interessant, aber auch da fehlt mir so die wirklich spannende Geschichte. Und ist für mich jedenfalls nicht immer eine gute Ablenkung von der Tagesaktualität. Für die hau ich mir zwischendurch wieder Krimis rein. 'kritische Masse' von Sara Paretsky war spannend mit ner coolen Privatdetektivin und ner story die in die Nazizeit zurückreicht. Und zufällig gefunden beim 1-Euro-Regal der Stadtteilbibliothek: 'Der Mann der die Frauen belog' von Carol O'Connell. Ist aus den 1990er Jahren, aber auch eine sehr coole nerdige Polizistin in NY. Von der Reihe hab ich dann gleich zwei weitere bestellt.

  5. #8435
    Avatar von Nordmanntanne
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    Hilary Mantel ist gestorben. Tolle Frau, die Trilogie über Thomas Cromwell/Heinrich VIII fand ich ganz großartig.

  6. #8436
    Avatar von =Vince=
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    Ich habe zuletzt von Brian Moore "Hetzjagd" gelesen - geht um einen ehemaligen frz. Polizisten/ Angehörigen der Vichy Miliz, Pierre Brossard, der zur Nazizeit als Kollaborateur für den Tod vieler Juden verantwortlich war bzw. diese auch selbst ermordet hatte. Er wird von Polizei und einer Geheimorganisation gesucht und versteckt sich immer wieder in französischen Klöstern, wo ihm Teile der Kirche immer wieder Asyl gewähren (auch wissentlich seiner Taten). Das Buch basiert auf dem wahren Fall von Paul Touvier. Der Roman ist schon etwas älter aber trotzdem spannend geschrieben und gut zu lesen. Interessant ist auch, dass immer wieder die Erzählperspektive gewechselt wird und man daher auch die Gedankenwelt von Brossard kennenlernt.

    Davor habe ich "Der Wüstenplanet" gelesen, im dritten Anlauf, wie ich gestehen kann. Irgendwie bin ich da immer wieder steckengeblieben bei ca. Seite 150 - das ist kurz davor, wo auch der Film endet. Dieses Mal habe ich das Buch bei sengender Hitze am Strand gelesen im August - war wohl das richtige Ambiente, um sich auf das Buch voll einzulassen. Ich steige bei Büchern, gerade bei Science Fiction, generell ziemlich tief ein und dann hatte es mich auch richtig gepackt - spannend zu lesen. Schon Irre, welche komplexe Welt Frank Herbert geschaffen hat. Aber jetzt mit etwas Distanz habe ich irgendwie einen Kater und mich interessiert nur mäßig, wie es mit dem Haus Atreides weiter geht. Freue mich mehr auf den zweiten Teil des Films.
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  7. #8437
    Avatar von Nordmanntanne
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    Danke schön @Vince, Brian Moore wieder in Erinnerung gerufen. Habe vor Jahren mal 'Katholiken' gelesen und bin immer mal wieder um 'Scharzrock' und 'Hetzjagd' scharwenzelt, aber nie mich durchgerungen zu lesen. Hetzjagd notier ich mir jetzt doch mal.

  8. #8438
    Avatar von MarcMD
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    Ich bin auf der Suche nach einem Buch, das Roosevelts "New Deal" beinhaltet. Es muss auf Deutsch sein. Würde mich über 1-2 Tipps freuen.

  9. #8439
    Avatar von Schmolle
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    Tipps kann ich keine geben, allerdings wird man schnell fündig bei den Schlagwörtern

  10. #8440
    Avatar von MarcMD
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    Ja, so bin ich bisher auch vorgegangen. Jedoch scheint die Qualität der Übersetzungen sehr unterschiedlich zu sein und auf Engisch versuche ich es erst gar nicht. Aber ich schaue noch etwas intensiver.

  11. #8441
    Avatar von =Vince=
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    Du schreibst ja auch gar nicht, was genau Dich interessiert, und welche Art von Buch Du suchst.

    Empfehlen kann ich: Erskine Caldwell - Tobacco Road bzw. die Tabakstrasse. Das Buch spielt zur Zeit der großen Depression und handelt von der Familie Lester, verarmte Landpächter - nach Marx klassisches Lumpenproletariat. Das Buch ist irgendwo zwischen Tragik und Komik angesiedelt. Ich würde sagen der Humor ist etwas ähnlich wie bei Steinbeck durch groteske Figuren. Gleichzeitig wird hier Armut nicht verherrlicht, sondern die Lesters sind eigentlich ein Haufen von Chaoten, die ihre Armut weitgehend auch selbst verschulden. Gleichzeitig wird auch deutlich, dass sie es einfach nicht besser/ anders können.

    In vielen anderen Romanen der Zeit sind die armen Leute ja eher die letzten Wächter der Tugenden Amerikas...bei Caldwell sind es eher arme Idioten, die mit den Herausforderungen der großen Depression und des Strukturwandels überhaupt nicht klar kommen und es hilft ihnen auch keiner - im Gegenteil, wo es geht, werden sie noch übers Ohr gehauen. Das ist aber auch oft amüsant von außen zu betrachten, bis man sich dabei ertappt, inwieweit man sich über das Leid anderer Leute amüsieren kann, nur weil diese etwas oder sogar ziemlich doof sind.

    Ich glaube mit dem Buch soll bei dem Leser folgendes bewirkt werden: wenn man abstrakt von der Armut der Landbevölkerung und Kleinbauern während der großen Depression hört/ liest hat man Mitleid oder empfindet die Tragödie. Im Alltag, wenn man diese Menschen erlebt mit all ihren Fehlern, Widersprüchen und ekelhaften Zügen, vergeht einem schnell die Empathie und das ist ein Grund deshalb, warum diese Menschen sozial so ausgegrenzt sind und auch ausgenutzt werden. Das kann man glaube ich auch auf die heutige Zeit übertragen, wo es einem leicht fällt, sich allgemein für soziale Gerechtigkeit einzusetzen, aber gar nicht so einfach ist, mit dem Lumpenproletariat im Alltag zu sympathisieren.

    Ich vermute, Du hast eher etwas wissenschaftliches oder sachbuchmäßiges gesucht, aber die Tabakstrasse kann ich jedem empfehlen
    Geändert von =Vince= (29.09.2022 um 11:04 Uhr)
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  12. #8442

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    Zwischendurch eine kleine Empfehlung für den neuen King, das mit "insgesamt schön" wohl treffend beschrieben ist. Ich hatte zwischendurch einen kleinen Hänger, weil mir das alles zu ausufernd-detailliert beschrieben war, so um/zwischen Seite 400-500+ von rund 880. Gleichwohl bleibt aber auch festzustellen, es ist eine recht konventionelle Geschichte mit auch einem recht konventionellen Ende. Der Start des Buches geht aber in Richtung sensationell und hat mir wieder "Wissen wollen" und "Weiter, immer weiter"-Momente beschert. Und am Ende bleibt es einfach "schön".

    Danke auch an eine Buchhandlung auf Föhr, die das Buch eine Woche vor dem (mir bekannten) offiziellen Verkaufsstart bekam - und einfach mal auslegte, warum auch nicht, und zack hatte ich ein neues Buch. So hatte ich es am Tag nach dem Start schon ausgelesen.
    Auch ohne Smilies könnte dieser Beitrag Spuren von Ironie, Sarkasmus oder Zynismus enthalten.

  13. #8443
    Avatar von MarcMD
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    @=Vince=

    Du hast Recht. Ich war mit meinen Angaben ziemlich unpräzise und trotzdem hattest Du am Ende den richtigen Riecher. Für Deinen ausführlichen Buchtipp möchte ich Dir danken und es ist vielleicht auch nicht verkehrt, mit einem Roman aus der Zeit der Great Depression in das gesamte Thema einzusteigen. Ich werde mal in die Vorschau reinlesen und dann entscheiden.

    Ich habe mir heute Morgen eine Studienarbeit aus dem Jahr 2008 über die Great Compression-Zeit bestellt. Ich will einfach wissen, was Roosevelt im Einzelnen getan hat, um den Wirtschaftsmotor wieder ingange zu bringen, ohne dass das Lumpenproletariat noch größer wurde. Und das in einer Zeit, in der sich in Deutschland das schlimmste annehmbare Szenario zusammenbraute.

    Die Vergleiche zwischen Deutschland und den USA aus dieser Zeit sind mir im Moment wichtig. Warum wurden hier Schlägertrupps durch die Straßen geschickt und warum dort aus Superreichen "nur noch" Wohlhabende gemacht? Könnte oder gar sollte der New Deal der 30er und 40er eine Vorbildfunktion für heute haben und wäre so etwas überhaupt für Deutschland und die EU und unter den Aspekten, wie sich der Kapitalismus in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat, vorstellbar? Auf diese und andere Fragen möchte ich gern Antworten haben. Ich hoffe der Student enttäuscht micht nicht.

    Danke nochmals.

  14. #8444

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    Literaturnobelpreis geht dieses Jahr an Annie Ernaux. Hat jemand hier etwas von ihr gelesen?
    We are pressed on every side by troubles, but we are not crushed. We are perplexed, but not driven to despair. We get knocked down, but we are not destroyed.

  15. #8445
    Avatar von Nordmanntanne
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    Danke für den Hinweis, hatte die Preisverleihung glatt verpennt. Nee, nie was gelesen, und von dem, was in Wikipedia steht, reizt mich ehrlich gesagt auch nichts.

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