Moin,
bei einem Lagerfeuergespräch geht es nicht um eine Meinung oder um wohlformulierte Interpretationen. Es geht um Geschichten. Storytelling ist mittlerweile ein psychotherapeutische Variante, aber, damit es unterhaltsam bleibt, soll eine Geschichte nur mit einer Geschichte beantwortet werden. Das ist alte Trapper-Tradition und der Nerd wird mit Methanol-Fusel zum Schweigen gebracht.
Nachdem ich unter Würgreiz das Katzenklo meiner Schwester (sie befindet sich gerade im Wellness-Urlaub mit meinem Patensohn, Ok ist ihr Blag) gereinigt habe; ich musste mich eine halbe Stunde mental vorbereiten, weil ich so eine traumatische Kindheitserinnerung hatte, wo mir die Katze auf das Kopfkissen geschissen hatte. Jedenfalls brauchte ich ein Bier.
M kam vorbei und fing an mir zu erzählen, dass gestern Nachmittag beim Mittagsschläfchen das SEK seine Wohnung mit dem Rammbock aufgemacht hat und er fixiert wurde. Etwas schräg, aber nachvollziehbar, weil ich ja auch schon mal mit 16 beim Trampen mit MP (RAF-Hochphase) für einen bewaffneten Raubüberfall verhaftet worden bin, von dem ich noch nicht mal wusste. Der Kleinkriminelle hat zur Absicherung seiner kleinkriminellen Tätigkeiten beim Einwohnermeldeamt einfach mal die Zimmernummer seines Nachbarn angegeben. Whole Story. M hat dann in der Nacht fiese Bauarbeitergeräusche aus der Nachbarwohnung gehört und freundlicherweise Bescheid gesagt, aber da kam dann niemand. Der kleinkriminelle Nachbar fuhr heute völlig entspannt vor der Kneipe im gleichen Haus vorbei, während M mir die Geschichte erzählt.
Hier macht auch nur jeder seins.
Geändert von Soulfriese (28.07.2021 um 01:21 Uhr)
Darf man auch Fragen stellen? Falls nicht, bitte ich folgendes zu ignorieren. Falls doch: was ist "Trampen mit MP"? Mit einer Maschinenpistole? Was sonst?Zitat von Soulfriese
Ich denke, die Verhafter hielten MPs.
{Meta Male}
„Der Mensch braucht wenig und auch das nicht lange.“ - Edward Young (1683-1765)
„Das Wort verwundet leichter, als es heilt.“ -J. W. v. Goethe (1749-1832)
Das ergibt Sinn. Danke, Daniel!
Ist es krasser, mit MP im Anschlag verhaftet zu werden als mit automatischer Handfeuerwaffe?
Du hast den Methanol ja schon in deinem Profilbild, daher verziehen
Also: Ich war so mit 16/17 in Leer im Chimera (wo ich auch die CDU-Bundestagsabgeordnete, lassen wir das), jedenfalls, war das so ein Muss fürs Wochenende. Ich wollte nachhause, Tanz der Vampire gucken, und habe mich mit meinem Kumpel zum Trampen an die Strasse gestellt. Es hielt ein grüner Passat mit ordentlich Lichtorgel vorne an den Amaturen und war schon klar, dass das Tschakos sind. Einer steigt aus mit seiner - zu der Zeit normalen - Maschinenpistole MP. Der Typ an der Lichtorgel sagt: Beschreibung passt! Hinter mir höre ich ein Einrasten von Metall. Das Polizeirevier ist 200 m entfernt; mein Freund darf gehen, ich sitze neben einem Schnauz mit einer MP auf dem Rücksitz und bin nach 22:00 immer noch 16 Jahre alt.
Nach einer Stunde kommen ein paar Besoffene in das Präsidium und lallen: Bist Du Der Verdächtige? Mach Dir keine Sorgen, Du warst es nicht. Um halb eins werde ich von der SEK-Kiosküberfall ohne Entschuldigung um 1 Uhr Nachts mit 16 auf die Strasse gesetzt. Was viel schlimmer ist: Ich habe "Tanz der Vampire" verpasst..
Ihr sollt Geschichten erzählen, nicht interpretieren.
Ist ja gut, in dem Rahmen...
I raff nicht ganz, wieso du im "Chimera" (Disko?) warst und gleichzeitig "Tanz der Vampire" noch anstand. Aber gut.
Auf dem Level: ich habe mal im guten alten Bremen am guten alten Karfreitag in den Wallanlangen einen alten Freund getroffen. Man lieft ein wenig rum und es wurde vielleicht auch - weit vor dem Polizeihaus - mal etwas getrunken. Schließlich saß man gegenüber dem Polizeihaus. Soweit, so egal. Würde ich denken. Ich war leicht betrunken, mein Kumpel noch weniger, es war nachmittags. Aber - ich musste zu dem Zeitpunkt regelmäßig Tabletten nehmen. Ich hole also meine - verschreibungspflichtige und nicht spaßige - Tablette raus und werfe die ein. Und trinke weiter - Cola. Wenig später marschiert ein uniformierter Mensch (männlichen Geschlechts, würde ich assumen) aus dem Gebäude (was wohl Seitenausgänge hat, war mir bis dahin egal) und direkt auf uns zu. Ergebnis - wir wurden gefilzt und bekamen einen Platzverweis. Weil, äh, ja, friedlich zu zweit rumsitzen.
Ja, die Ordnungskräfte suchen sich schon die leichten Opfer aus, um ihren Frust zu kanalisieren. War 84(?) in Brokdorf; gab eine große Taxifahrer-Aktion und sowieso sehr viele eher bürgerlich entspannte Menschen, die ihre Unzufriedenheit mit der Atomkraft Ausdruck geben wollten. Ich war mit meiner Freundin da. Wir steckten im Stau zwischen Heide und dem AKW. Irgendwann wurde klar, warum es Stau gab: Die Krieger von der Hafenstrasse waren am Anfang des Konvois und wollten sich nicht filzen lassen; fingen irgendwann an, Steine auf die Tschakos zu werfen: fanden die nicht gut. Haben wir nicht mitgekriegt im Stau, bis irgendwann zwei Autonome vom CS-Gas Vertränte Einlass in den Golf wollten. Als dann nebenan auf dem Feld die Bundesgrenzschutz-Hubschschrauber landeten und ihre Jungs ausluden, haben wir die mal ganz entspannt ausgeladen und sind in die Pampa geflüchtet.
Ein paar Tage später konnte man dann bei Monitor sehen, wie ein bärtiger Familienvater vor seinen Kindern auf der Motorhaube verprügelt wurde; das war etwa 100 m vor unserem Golf. Tja: Dumm gelaufen, Hippie; hast den Ordnungskräften vertraut. Werde ich nie wieder. Die Autonomen haben aber auch ein Testosteron-Problem.
Mit dem MinisterPräsidenty zu trampen, hat was!
Buongiorno Dio, lo sai che ci sono anch'io!
Mit dem Tod habe ich nichts zu schaffen: Bin ich, ist er nicht. - Ist er, bin ich nicht.
Fight like a titleholder, stand like a champion, live like a warrior - and never let'em break you down!
Brokdorf 1986 (nach Tschernobyl) war Hölle. Vollsperrung Autobahn, auf Parkplatz geleitet und Auto nebst Insassen gründlichst gefilzt von Schwerbewaffneten. Zum AKW noch lustig an Getänke- und Würstchenständen der Anwohner vorbei, am AKW Hölle. Vor einem Wasserwerfer, über einem riegfliegende Hubschrauber, dazwischen Luftballons, man selbst in einer Masse von Menschen. Ich hatte schlicht Schiss.
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bei mir war wohl etwas früher, weil 86 war ich nicht mehr mit der Lady zusammen, die ist da mit dem 20 Jahre älteren Regisseur aus der WG ins Bett gegangen; meine danach war hübscher.
Brokdorf war krass: Seitdem kann ich weder Autonome noch Polizisten ausstehen: Toxic Men Scheisse. Macht ja, an sich, Spass, aber mit so staatlicher, ideologischer, ethnischer Legitimierung eher nervig.
So ein wenig Adrenalin ab und an hält jung: Berlin André Heller Feuerwerk 1984, paar 100000 Leute haben Bock auf Klassik, weil da gezündelt wird. Wir marschieren auf den Reichstag zu - links ist der Park - keine Schilder, keine Ordner, alle wollen vorne stehen; am Ende der Strasse geht es links ab und statt des Superplatzes vor dem Reichstag gibt es eine Sackgasse mit Bretterzaun. Kein Zurück, kein Reichstag, kein Park und die Leute rücken nach. Neben mir steht eine Frau in Ohnmacht. Wir müssen da raus: Räuberleiter über den 3 m hohen Zaun; klappt gut, bis ich in 2,50 m Höhe auf einem Querbrett einen 2 m, 100kg Typen frei baumelnd am Arm hängen habe, weil die Leiter schlecht ausgewählt war. Es wurde nachgeschoben; er kam hoch und, während das Feuerwerk auf der anderen Seite des Zauns abgeschossen wurde und Bach ihm seine Feuerwerksmusik gedudelt wurde, bin ich den Zaun auf der Feuerwerksseite runter und habe 3 cm Kiefer vernichtet. Die anderen haben das gleiche getan und im Nachhinein wurde Duisburg verhindert. Stand nicht in der Zeitung; ist auch egal: der Kick war groß.
Feuerwerk? Da war doch was...
Der Veranstalter des früheren Pfingst-Open-Air-Festivals in Bruchhausen-Vilsen hatte dort 1988(?) eine Pleite hingelegt und musste im Folgejahr auf die Motocrossbahn nach Petershagen ausweichen. Das lief zunächst relativ cool (auch wenn wir es etwas seltsam fanden, als ein Typ vom Zeltplatz auf einem Acker in den daneben liegenden Wald ging, eine mittelgroßes Fichte fällte und diese auf den bereits erwähnten Acker zog, um dann daraus ein großes Lagerfeuer für den Abend vorzubereiten), bis am Ende des zweiten von drei Tagen der abendliche Hauptact nicht spielte, sondern nur noch irgendeine musikalisch untermalte Feuerwerksshow lief. Naja, egal, meine Kumpels und ich waren ziemlich knülle, es sollte ja noch einen weiteren Tag geben und daher haben wir uns in die Zelte zurückgezogen und geratzt.
Ich glaube, ich bin sonst nie bei einem Festival von meinen Leuten morgens geweckt worden und insbesondere nicht so früh, aber die Jungs bestanden darauf, dass ich aus dem Zelt krabbeln und selbst kucken sollte: Die Sonne ging gerade auf und auf dem etwas tiefer gelegenen Festivalgelände brannten alle Merchandise- und Fressbuden. Vor der Bühne standen jede Menge Polizisten in voller Kampfmontur und mit Schäferhunden. Das war schon ein interessanter Anblick...
Während wir das Spektakel betrachteten und langsam durch den Restalkoholschleier begriffen, dass wohl nicht mit weiteren Live-Acts zu rechnen wäre, hörten wir dann die Durchsage der Polizei, dass man nun beginnen werde, das Gelände zu räumen. Wer es vorher nicht verlasse, müsse die Konsequenzen tragen. Wir überlegten kurz und kamen zu dem Schluss, dass nur das eigentliche Gelände vor der Bühne/bei den Ständen gemeint sein könnte, einen eher wilden Zeltplatz mit 10000 Leuten, die zu einem nicht unerheblichen Teil noch besoffen schliefen, könne man ja wohl nicht räumen wollen. Dachten wir. Wir haben dann dennoch gepackt, weil es nur schlechter werden konnte. Als wir dann mit unserem ganzen Geraffel gerade auf dem Weg zum Auto waren, hatten die Cops das eigentliche Gelände gerade fertig geräumt und machten dann doch auf dem Zeltplatz weiter. Geil. Wegrennen vor Hunden ohne Maulkorb und Knüppel-schwingender Bereitschaftspolizei auf einem sandigen Weg zum Auto. Zum Glück war ich damals fit...
Dummerweise war ich auch der Fahrer und hatte meinen Führerschein noch nicht so richtig lange, als ich uns mit deutlich zuviel Rest-Promille aus der von Polizei wimmelnden Gegend gen Heimat kutschierte.
Später wurde dann berichtet, dass der Veranstalter erneut eine Pleite hingelegt hatte, die Bands dementsprechend nicht mehr spielten und die Ordner mangels Aussicht auf Bezahlung in der Nacht gegangen sind. Dann wurden wohl die Stände geplündert und angezündet, wobei es wohl der Polizei gelungen ist, die Bühne und den Mischpultturm zu sichern.
Like a butterfly we've a very short life.
Light a cigarette, it'll burn out before your eyes.
Händel!!! Alter!!!
bei mir war wohl etwas früher, weil 86 war ich nicht mehr mit der Lady zusammen, die ist da mit dem 20 Jahre älteren Regisseur aus der WG ins Bett gegangen; meine danach war hübscher.
Brokdorf war krass: Seitdem kann ich weder Autonome noch Polizisten ausstehen: Toxic Men Scheisse. Macht ja, an sich, Spass, aber mit so staatlicher, ideologischer, ethnischer Legitimierung eher nervig.
So ein wenig Adrenalin ab und an hält jung: Berlin André Heller Feuerwerk 1984, paar 100000 Leute haben Bock auf Klassik, weil da gezündelt wird. Wir marschieren auf den Reichstag zu - links ist der Park - keine Schilder, keine Ordner, alle wollen vorne stehen; am Ende der Strasse geht es links ab und statt des Superplatzes vor dem Reichstag gibt es eine Sackgasse mit Bretterzaun. Kein Zurück, kein Reichstag, kein Park und die Leute rücken nach. Neben mir steht eine Frau in Ohnmacht. Wir müssen da raus: Räuberleiter über den 3 m hohen Zaun; klappt gut, bis ich in 2,50 m Höhe auf einem Querbrett einen 2 m, 100kg Typen frei baumelnd am Arm hängen habe, weil die Leiter schlecht ausgewählt war. Es wurde nachgeschoben; er kam hoch und, während das Feuerwerk auf der anderen Seite des Zauns abgeschossen wurde und Bach ihm seine Feuerwerksmusik gedudelt wurde, bin ich den Zaun auf der Feuerwerksseite runter und habe 3 cm Kiefer vernichtet. Die anderen haben das gleiche getan und im Nachhinein wurde Duisburg verhindert. Stand nicht in der Zeitung; ist auch egal: der Kick war groß.
Buongiorno Dio, lo sai che ci sono anch'io!
Mit dem Tod habe ich nichts zu schaffen: Bin ich, ist er nicht. - Ist er, bin ich nicht.
Fight like a titleholder, stand like a champion, live like a warrior - and never let'em break you down!
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hans koschnick