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Thema: Unwetterkatastrophe in Westdeutschland 2021

  1. #121

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    Die öffentliche Zusage, dass die Kosten übernommen werden, die Helfer-Firmen für z.B. Treibstoffe, Reparaturen haben, wird von den Bürgermeistern vor Ort nicht bestätigt.

    Krass. Diese Firmen ziehen sich jetzt erstmal zurück.
    Aufstehen gegen Rassismus!

  2. #122

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    Zitat Zitat von =Vince= Beitrag anzeigen
    Zitat Zitat von Viola Beitrag anzeigen
    Zitat Zitat von fruchtoase Beitrag anzeigen
    in diesem Falle unser Grüßaugust Steineulenmeier, auch noch daneben benommen hat, ändert was genau am peinlichen Verhalten Laschets?
    Es hätte nichts daran geändert. Es war auch falsch zu lachen und zwar von beiden Personen. Aber wenn man sich gleich stark über beide Personen empört gezeigt hätte, dann hätte mir das gezeigt, dass da nichts gespielt ist und die Empörung nichts vorgemachtes war, weil man ihn nicht mag und ihn auch nicht als Kanzler haben will. Wenn die Reaktionen gleich stark wären, dann hätte ich auch kein Bedürfnis verspürt mich darüber zu äußern. So aber sah ich nur Hass, Mobbing und Verunglimpfung und das wollte ich auch nicht unkommentiert lassen.
    Vor allem auch geil dein Beitrag vorher zu den Angriffen gegen die Grünen und Baerbock im Netz, da war das irgendwie nicht so schlimm. Aber den Steinmeier wähle ich jetzt auch nicht mehr zum Kanzler, das hat dein Beitrag schon mal bewirkt
    Steinmeier ist Bundespräsident, der steht eh nicht als Kanzlerkandidat zur Verfügung.
    Und seine Meinung auf Grund von Aussagen hier im Worum zu bilden?!
    Wirklich?!
    Aufstehen gegen Rassismus!

  3. #123
    Avatar von Daniel FR
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  4. #124
    Avatar von fruchtoase
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    Zitat Zitat von WB_exil_ist Beitrag anzeigen
    Die öffentliche Zusage, dass die Kosten übernommen werden, die Helfer-Firmen für z.B. Treibstoffe, Reparaturen haben, wird von den Bürgermeistern vor Ort nicht bestätigt.

    Krass. Diese Firmen ziehen sich jetzt erstmal zurück.
    Wer hat denn diese Zusage gemacht? Die Bürgermeister?

  5. #125

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    Ahrtal Juli 2021
    Die Meldungen über die Hochwasserkatastrophe und die Videobeiträge von Markus Wipperfürth zeigen klar, dass unsere normalen Hilfsorganisationen wie DRK, Malteser, Feuerwehren, THW, usw. auf ein derartiges Großereignis nicht vorbereitet sind. Wie soll man es auch schaffen mit freiwilligen Kräften die aktuell größte ca. 50 km lange Baustelle der Welt (lt. Markus Wipperfürth in einem seiner Videos) zu bewältigen?
    Ich denke, dass man sich auf solch ein Großereignis nicht vorbereiten kann.
    Es brachte daher viele Menschen dazu, dort hin zu fahren und zu helfen. Auch mich.
    Durch eine Fachkraft aus dem Rettungsdienst war ich vor möglichen Gefahren gewarnt und wurde mit entsprechender Schutzkleidung und sehr wichtigen Hinweisen versorgt. In vielen Ansprachen haben wir versucht, die freiwilligen Helfer auf mögliche Risiken und das Szenario, welches sie dort antreffen werden, vorzubereiten. Alle sind gesund geblieben und wir haben auch alle wieder heimgebracht.
    Auch haben wir uns z. B. bestmöglich darauf vorbereitet, dass ein Helfer das viele Leid psychisch nicht verarbeitet bekommt. Für solche Fälle haben wir einen Fahrdienst organisiert, der diese Menschen dann direkt abholt und nach Hause bringt.
    Gaaanz wichtig: Niemals die Profis vom THW, Feuerwehr, Bundeswehr, usw. bei ihrer Arbeit behindern. Lasst die immer zuerst vorgehen.
    Treffpunkt war ein sehr großer Parkplatz in Plankstadt, wo die einzelnen Helfer ihre PKWs stehen lassen konnten. Abfahrt war gegen 6 Uhr morgens.
    Wow, wir haben sogar eine Gartenbaufirma, mit einem kleinen Bagger und drei Fachkräften im Landschaftsbau, dabei. Später habe ich erfahren, dass wir auch einen ausgebildeten Sanitäter dabei hatten.
    Unglaublich, wie viele Menschen dem Aufruf doch gefolgt sind. Helfen kann nicht jeder.
    Die Autobahnfahrt verlief problemlos. Wegen der total unübersichtlichen Verkehrslage im Ahrtal, wussten wir nicht, wie wir am schnellsten zu unserem Ziel kommen sollen. Deswegen fuhren wir, wie wir später merkten, eine Autobahnausfahrt zu früh runter und kamen über Ehlingen ins Ahrtal hinein. Hier sahen wir erstmals die massiven Schäden, eine weggespülte Fußgängerbrücke, Gebäude ohne Fundamente, usw. und konnten uns so auf das vorbereiten, was da auf uns zukommt.
    Viel stop & go, viele Kontrollen, sehr viele PKWs und viele Müllkilometer (bei vielen Straßen wurde ein Fahrbahnhälfte zur Zwischenlagerung von Müll verwendet) machten das Vorwärtskommen schwer.
    Unser Ziel war Klaus, der in Altenahr einen Getränkehandel betreibt. Er ist unsere Kontaktperson vor Ort. Gegen 11.30 Uhr sind wir endlich dort angekommen. Seine Frau (deren Name ich leider nicht weiß) und er sind nicht direkt vom Unglück betroffen. Sie leiden aber trotzdem enorm mit, da sie wie eine Insel im Meer der Unglücklichen leben. Da kann man sich dann auch nicht mehr distanzieren oder gar herausziehen. Da gibt man dann einfach sein Bestes, tut sein Möglichstes und hilft einfach.
    Ihre Tage sind zwischenzeitlich davon geprägt, als Anlauf- oder Vermittlungsstelle zu fungieren. In der kleinen Lagerhalle stapeln sich die Hilfsgüter, sodass man zwischenzeitlich nur noch durch kleine Gänge gehen kann. Sie sortieren das in mühevoller Kleinarbeit und fahren dann die Betroffenen direkt an und übergeben die Hilfspakete persönlich. Bei einer dieser Fahrten musste jemand von uns mitfahren und war von den Begegnungen zutiefst betroffen. Wie soll man auch damit umgehen, dass vor Dir ein Mensch steht, der sein bisheriges Leben verloren hat? Für Klaus und seine Frau ist dies zwischenzeitlich zum Alltag geworden. Welch menschliche Leistung bürdet man den Beiden da nur auf, wenn man ihnen die Hilfsgüter bringt und um deren sinnvolle Verteilung bittet?
    Ich habe mich sehr über den vertrauensvollen Umgang mit uns gefreut. Beim Helfen kommt man sich sooo nah. Die Nähe hat die, coronabedingt, leeren Herzen wieder gefüllt.
    Klaus, wo sollen wir hingehen? Wo wird Hilfe benötigt? Wo können wir helfen? Klaus schickte uns einfach den Berg runter. „Lauft einfach runter, ihr seht es dann gleich.“
    Ich schaue mir noch die Leute an. Passen die Schutzmaßnahmen? Wir müssen uns unbedingt davor schützen, mit Unbekanntem kontaminiert zu werden! Hilfe heißt nicht, sich zu opfern oder größere Risiken einzugehen. Rote Eimer meiden. Nie alleine sein, lange Kleidungsstücke, immer mindestens zu zweit arbeiten.
    Die ersten gehen gleich los. Bewaffnet mit Schubkarren, Schaufeln und Eimern gingen die Gruppen nach unten. Ich auch, natürlich alleine, natürlich habe ich meine Maske und den Helm vergessen. Ich will jetzt endlich was tun. Helfen. Meinen Beitrag, auch wenn er in der Masse niemals erkennbar sein wird, leisten.
    Auf dem Weg sehe ich die ersten völlig verdreckten und verbeulten Fahrzeuge am Straßenrand, die Pflanzen in der Umrandung der Bäume, entlang des Weges, zeigen alle nach unten. Später berichtet mir Klaus, dass am Unglückstag ein 30 cm hoher Sturzbach, die Straße hinunter gerauscht ist. Ein Bewohner, der weiter unten lebt, erzählte ihm, dass weiter unten Autos mitgerissen wurden, in der Talsohle aber durch die Flutwelle aus der Ahr wieder, wie Spielbälle, die gleiche Straße wieder hoch geschleudert wurden. Tonnenschwere Fahrzeuge wurden wie Spielbälle hin und her geworfen.
    Weiter unten sah man dann die ersten Schäden an den Häusern. Schaufensterscheiben habe ich keine einzige gesehen. Alle zentrumsnahen und höherliegenden Lokalitäten waren bereits ausgeräumt und der Schutt abgefahren.
    An der Wegkreuzung unten sah ich die ersten völlig verdreckten Helfer an eine Hauswand gelehnt, die müde und kaputt, sich wieder mit dem Shuttle-Service zum Sammelplatz zurückbringen lassen. Vermutlich haben sie schon früh morgens mit den Hilfsarbeiten begonnen, haben also 3-4 Stunden jetzt schon hinter sich. Ich werde 3 Stunden später ebenfalls fix und alle sein.
    Das mit dem Shuttle-Service ist eine super Sache, die man unbedingt weiter behalten und auch weiter ausbauen sollte.
    Ich erkenne, dass die groben Arbeiten hier im höherliegenden Zentrum größtenteils erledigt sind. Am Tag 10, nach dem traumatischen Unglück, sind hier immer noch viele Keller von tieferliegenden Gebäuden mit Schlamm gefüllt. Diese Gebiete müssen teils die kommenden Tage auch noch leergeräumt und der Schutt abtransportiert werden. Klaus sagte, dass man davon ausgeht, dass für die freiwilligen Helfer noch 2-3 Wochen Arbeit da ist. Danach müssen Fachleute ran.
    Am 3. oder 4. Haus rechts sah ich die Ersten arbeiten. Eimerkette bilden um den Schlamm aus dem Keller zu holen. Es riecht stark nach Heizöl. Ich stelle meinen Schubkarren zur Seite, nehme den Eimer und reihe mich ein. Zuerst stehe ich am Anfang, nach 10 Minuten im Keller und sehe im diffusen Licht drei Personen wie wild Schlamm schaufeln und die Eimer befüllen. Boaahh sind die schnell beim schaufeln. Ich trage die Eimer zur völlig verdreckten Holztreppe, stelle die Eimer auf die Stufe, wo sie der nächste dann weiter hoch gibt. In der Ecke entdecke ich ein Riss in einem Rohr und mache die Helfer darauf aufmerksam. Einer davon, ca. 35-40 Jahre alt, erklärt mir, dass das Rohr durch den hohen Wasserdruck gerissen sei und nun das Wasser aus der Kanalisation nach oben gedrückt wird und in seinen Keller fließt. Später erfahre ich, dass ihm das Eiscafe gehört indem ich mich gerade befinde. Wenn keine Werbeschilder außen angebracht gewesen wären, hätte man nicht erkennen können um was für ein Lokal es sich früher gehandelt hat.
    Nach ca. 15-20 Minuten ist der Schlamm bereits geschafft und eine Schmutzwasserpumpe zieht den Rest aus dem Keller. Mit jedem Besenstrich erkennt man immer mehr vom Boden.
    Da das Wasser permanent, durch das gerissene Rohr, in den Keller fließt, suchen wir im Keller zusammen nach einer Lösung. Wir bauen um das gerissene Rohr einen Damm mit Sandsäcken und stellen die Saugpumpe direkt ins Wasser. Dann kann der übrige Keller beginnen zu trocknen.
    Keiner wusste wo man Sandsäcke herbekommen soll. Ich sagte, ich besorge die Säcke. So ging ich los und suchte befüllte Sandsäcke. Am 100 m entfernten Lagezentrum konnte man mir nicht helfen. Ich lief weiter zur Ahrbrücke und sprach unterwegs alle Leute an. Dann kam der Hinweis, dass eine Gaststätte (gleich nach der Brücke rechts) gestern mehrere Paletten Sandsäcke bekommen haben soll.
    Dann ging ich weiter und sah zum ersten Mal die totale Verwüstung direkt an der Ahr. Links ein Hotel mit einer vermutlich großen Außenterrasse, unterhalb lag ein großer Baum, dann nackte Erde, die braune Ahr auf der Ölflecken anderes Treibgut schwammen, drüben dann wieder nackte Erde, Baufahrzeuge, Anhänger, LKWs die beladen wurden, überall Dreck, Kleidungsstücke, Plastikteile, Holzsplitter, Glasscherben, Metall, dann rechts mein Ziel, die Gaststätte. Wieder auf der anderen Ahrseite sah ich ein Haus, weit oberhalb, ca. 20-30 m hoch, dessen linke Hausseite fehlt. Ich vermute, dass die Ahr sich in der Schleife hier sehr hoch aufgeschwemmt hat und nur so, die Wassermassen dieses Haus erreichen konnte. Unglaublich.
    Ich lief auf die Gaststätte zu und rief in die Gruppe, wer hier das sagen habe. Es wurde ein Name genannt, den ich nicht verstand. Aber die Person stand dann vor mir. Tiefe Augen, müde, abgekämpft, ein funktionierendes etwas.
    Ich fragte ihn nach Sandsäcken und ob er welche übrig habe. Er erklärte mir, dass sein Lokal am tiefsten Punkt von Altenahr liege und er die Sandsäcke benötige um seine Keller und das Erdgeschoss vor weiterem Hochwasser zu schützen. Wir fanden zusammen ca. 15-20 Stück, die er noch erübrigen konnte. Ich bedankte mich bei ihm und lief sofort zurück um den Transport zu bewerkstelligen. Ein nasser Sandsack ist sau schwer und wiegt locker 15-20 kg. Mit 8 Mann holten wir dann die Sandsäcke und liefen zum Eiscafe zurück. Zurück in den Keller, wo schon wieder das Wasser stand. Tauchpumpe an und das Wasser zum Saugrohr schieben. Ein Helfer baute schließlich den kleinen Damm. Ich sah wie sich trotzdem Wasser durchdrückte. Mit Abfalltüten dichteten wir dann den Damm von innen ab und stellten die Pumpe rein.
    Ich ging aus dem Haus heraus und musste mich einfach einmal hinsetzen. Das ganze hat jetzt ca. 2 Stunden gedauert. Gefühlt waren es Minuten.
    Was eine wahnsinnige Situation, was für eine dramatische Lage. Überall Helfer, überall Dreck, Zerstörung alleine auf diesen 300 m an der Ahr (die ich jetzt einsehen konnte) von 50 km Schadensstrecke insgesamt!
    Ich ging noch einmal zur Brücke, sah links eine THW-Abteilung eine Eimerkette bilden um Schlamm aus einem Keller zu holen. Am Schluss stand eine junge Frau, die die Eimer ausleeren musste. Ich beobachtete Sie und hatte jedesmal Angst, dass die Masse des vollen Eimers sie die Wand hinunter werfen könnte. Aber sie glich jedesmal, beim ausschütten des Eimers, ihr Ungleichgewicht wieder aus. Puuuhhhhh, eine ziemlich wackelige Aktion. Gaaanz langsam fasste ich Vertrauen in die junge Dame und lies meinen Blick weiter schweifen.
    Auf der anderen Brückenseite sah ich einen Radlader eine Schaufel nach der anderen den Müll packen und in ein Baustellenfahrzeug laden. Zwei andere Fahrzeuge waren ebenfalls noch an der Stelle tätig und führten dem großen Radlader den Müll zu.
    Dahinter ein Hotel neben dem anderen, alle Häuserfronten braun vom Schlamm.
    Ich hatte genug gesehen und ging zurück zu unserer Sammelstelle. Auf dem Weg wich meine Anspannung, sofort setzte eine Müdigkeit ein, ich war schon 12 Stunden auf den Beinen bzw. hinter dem Lenkrad.
    Oben kamen dann die Fragen der Helferinnen von unserer Versorgungsstation: „Wie sieschen Du aus?“ „Und?“ „Wie isses?“ „Isses arg schlimm?“. Ich erzählte meiner Mitfahrerin was ich gesehen und erlebt habe. Scheinbar war ich der erste, der wieder hoch kam. Ich fühlte eine große Leere in mir. Ich war echt kaputt, wie schon lange nicht mehr.
    Ich trank etwas und bemerkte wie stark ich zitterte. Die Anstrengung zeigt sich.
    Wir erzählten uns unsere Erlebnisse, sahen anderen einfach zu oder auch einmal einfach vor uns hin, verwickelten andere Helfer in Gespräche um das Verarbeiten, dieser traumatischen Erlebnisse, zu beginnen. Dieses sorgen um unsere Seelen machen wir übrigens noch drei Tage später.
    Wir lernen weitere Helfergruppen kennen, welche mit einem Quad zu dem kleinen Weiler Reimerzhoven gefahren wurden. Der Ort ist seit dem Unglückstag über keine Straße mehr erreichbar. Ein Verbindungstunnel ist nicht befahrbar, weiterführende Straßen wurden weggespült. Die Bundeswehr versorgt die 100 Einwohner aus der Luft. Die freiwilligen Helfer berichten von starken Zerstörungen und das Hilfsorganisationen bisher nur nach Toten gesucht haben. Aufräumarbeiten, z. B. mit schweren Baumaschinen, konnten bisher noch gar nicht erfolgen.
    Solche kleineren Ortschaften gibt es an der Ahr viele und viele sind aktuell mit schwerem Gerät noch nicht erreichbar gewesen. Man mag sich die Situation vor Ort gar nicht ausmalen.
    Quads sind übrigens, bei solchen Verhältnissen, ein gutes Fortbewegungsmittel. In einer Nachrichtenmeldung wurde z. B. festgestellt, dass die Hilfsorganisationen kaum bis gar nicht mit geländegängigen Fahrzeugen ausgestattet sind, um die abgelegenen Orten über zerstörte Wege erreichen zu können. Was hier nun zu großen Problemen führt.
    Weiter wurde uns erzählt, dass ein anderer Ort abgeschnitten war und man einen Weg durch ein Waldgebiet komplett neu anlegen und hierfür dutzende von Bäume fällen musste.
    Die schiere Größe dieses Schadensbildes liefert bestimmt hunderte solcher Geschichten, die nie erzählt werden.
    Es kommen immer mehr Helfer zurück, mit immer neuen Erlebnissen. Erst einmal was essen und trinken. (Bei kommenden Einsätzen bitte an ausreichend Sitzgelegenheiten denken)
    Durch die vielen Gespräche entwickelt sich ein Bewusstsein für das Geschaffte, Zufriedenheit. Man konnte zumindest etwas helfen. Meine Tat muss nun niemand anders mehr machen. Der Keller ist leer, der Schlamm draußen, usw.. Es ist getan, erledigt. Nun können Fachkräfte darauf aufbauen. Es fühlt sich einfach richtig und gut an.
    Erleichterung macht sich breit. Man wird sich bewusst, dass man bei etwas Wichtigem mitgewirkt hat. Vielleicht sogar, in dem einen oder anderen Fall, Mitleid gezeigt oder gar Leid gemindert hat. Wir wünschen es uns so. Dieses Gefühl verbindet uns Helfer.
    Ich will gar nicht heimfahren. Ich habe zum beginnenden Abend hin voll Bock auf einen Grill mit gutem Essen drauf, ein Lagerfeuer, gute Sitzgelegenheiten, Salate, ein, zwei, drei, vier Stubbis, vielleicht sogar Kontakt zu den Einwohnern oder anderen Helfergruppen, eine gute Nacht mit viel Schlaf und morgen wieder mitten rein. Versuchen die Übersicht zu bewahren. Wo kann man gut helfen? Wo steht man den Fachleuten nicht im Weg? Wo ist meine Hilfe angebracht und wirksam?
    Arbeit, die auch ungelernte Freiwillige erledigen können, ist für die nächsten 2 bis 3 Wochen mehr als genug da, wird uns gesagt.
    Mit dieser Euphorie bereiten wir uns, ab ca. 20 Uhr, auf die Heimreise vor. Wir räumen alles auf, damit Klaus und seine Frau morgen kein Chaos vorfinden. Nehmen den kompletten Müll mit, die haben doch schon so viel.
    Um 21 Uhr dann die Heimfahrt.
    Übrigens, am Samstag fährt die nächste Gruppe hoch.
    Hoffenheim .... Hoffenheim .... Hoffenheim .... Hoffenheim

  6. #126
    Avatar von Schmolle
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    Klasse, Schorlekarl. Danke für den intensiven Bericht.

  7. #127

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  8. #128
    Avatar von doctone
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    Was für ein fantastischer Bericht. Danke, Schorlekarl!
    I'll meet you at the bottom of a bottle of bargain Scotch

  9. #129
    Avatar von ozenfant
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    großartig schorlekarl! und ein apokalytpsicher bericht.
    yeah, what?
    _

    scheisst ihnen in die klangschalen!
    ©Sprengnagel

  10. #130
    Avatar von Osnadame
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    Danke. Es ist immer noch so unwirklich. Ich sehe Bilder und Videos im TV und man denkt eher an Katastrophenfilme und ferne Länder und dann fallen wieder Ortsnamen "da war ich schon mal" oder "da wohnt doch der und der".
    +++ No surprising news +++

  11. #131

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    Da gibt es es jetzt einen Anfangsverdacht der Staatsanwaltschaft, die gegen den CDU-Amtsrat aus Ahrweiler wegen zu später Warnung ermittelt. Wie gesagt: Anfangsverdacht.

  12. #132
    Avatar von Osnadame
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    Ich habe die Woche über mit ein paar Arbeitskollegen aus der Gegend Rheinisches Revier gesprochen. Zum Glück keiner direkt betroffen, aber jeder kennt einen Nachbarn, Freund, Verwandten, der alles verloren hat. Einer hat es ganz gut zusammen gefasst "Das ist wie im Kriegsgebiet hier" und "2020 war schon schlimm, aber 2021 ist der Untergang". (Das letzte bezieht sich auf einen Bekannten, der einen Laden für Sportartikel betreibt bzw. betrieben hat, wo auch alles hinüber ist.)
    +++ No surprising news +++

  13. #133
    Avatar von CrysIce
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    Zitat Zitat von Schorlekarl Beitrag anzeigen
    Ahrtal Juli 2021...am Samstag fährt die nächste Gruppe hoch.
    Meinen allergrößten Respekt!
    „Manche teilen meine Ansichten mit mir. Aber ich nicht mit ihnen." (Karl Kraus)

  14. #134

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    Kleines Update:

    Wir haben es geschafft die letzten Wochenenden immer einen Bus zusammen zu bekommen, hoch zu fahren und konkrete Hilfestellungen zu geben.

    Die großen Müllberge sind größtenteils aus den Städten rausgefahren.

    Die Arbeit konzentriert sich daher inzwischen auf Bauarbeiten.

    Die Gebäude müssen wieder austrocknen.

    Dafür ist es am effektivsten den Rohbauzustand wieder herzustellen. Also alle Estriche raus, allen Putz von den Wänden und Decken, alle Isolierungen weg, alle Stromleitungen raus, sämtliche Wasserleitungen, usw..

    Jedes mal haben wir einen vierstelligen Betrag sammeln können und, vor Ort, direkt einem Geschädigten in die Hand drücken können.

    Zumeist waren es die Menschen, denen wir samstags zuvor bei Bauarbeiten geholfen haben. Beim gemeinsamen Arbeiten kommt man ins Gespräch und wir hören einfach nur zu und nehmen Anteil. Manchmal stockt es einem den Atem, man muss manchmal auch einfach aufhören und Tränen unterdrücken. Manchmal heult man aber auch zusammen und schippt weiter die gelösten Fliesen in den Schubkarren.

    Man vermutet das ca. 45.000 Menschen so gut wie alle Habseligkeiten verloren haben.

    Ca. 60% aller Immobilien waren nicht versichert. Teilweise wurden auch gar keine Elementarschaden-Versicherungen für die Lage angeboten.

    Die Helfer sind zumeist junge Menschen und Flüchtlinge. Bei der Beschreibung fällt mir komischerweise immer wieder dieses "linksgrünversifft" ein. Es sind alles einfach Empathen. Menschen die die Not anderer sehen und beim Leid lindern helfen wollen.

    Es gibt inzwischen Zeltstädte, wo freiwillige Helfer übernachten können und komplett versorgt werden. Man kann also einfach ein paar Klamotten packen, hinfahren und was tun. Und wenn es nur eine Stunde am Tag ist, einmal zuhören, einmal in den Arm nehmen, einmal jemand zum Lachen bringen, egal.

    Es ist ein geiles Gefühl. Es euphorisiert. Es elektrisiert. Es kann süchtig machen.
    Hoffenheim .... Hoffenheim .... Hoffenheim .... Hoffenheim

  15. #135
    Avatar von Viola
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    Zitat Zitat von Schorlekarl Beitrag anzeigen
    ...Und wenn es nur eine Stunde am Tag ist, einmal zuhören, einmal in den Arm nehmen, einmal jemand zum Lachen bringen, egal...
    Bist du ganz sicher? Denk mal an das was Laschet passiert ist, als er im Krisengebiet gelacht hat. Lachen ist dort anscheinend Tabu.

    Ansonsten finde ich das, was du dort tust, großartig. Danke.

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