Zitat von
Daniel FR
Zitat von
Robert Frank
Leute, die mit quasi null Expertise "Meinungen" raushauen, nur weil sie sich als seit 250 Jahren ideengeschichtlich hochgezüchtetes Subjekt/Individum dazu befähigt oder bemüssigt fühlen und letztlich nicht begreifen, dass sie auch nur der Mülleimer ihrer genetischen Herkunft, der Sozialisierung, dem Ort und der Zeit und Genese sind.
Dieses nach wie vor frei flotierende Monster einer Individualität als Hybris empfinde als problematisch…
Ok, ist jetzt nicht rasend neu, siehe Strukturalismusdebatte. Im Konsumismus/globalem Kapitalismus hat sich die Sicht auf das Thema offensichlich wieder gewendet.
Interessanter Beitrag. Magst du etwas konkreter darauf eingehen, was ihn ausgelöst hat und was der Konsumismus im Kontext für eine Rolle spielt?
Ursprünglich ging es um zwei Topoi in zwei anderen Foren; im einen ging es um (abbildende) Kunst (im eher weiteren Sinne), im anderen spezifisch um Filme, respektive deren Bewertung. Soweit zum aktuellen Startpunkt meines rants, aber das Ding ist, m.E., irgendwie ubiquitär…
Historisch gab es ja diesen wirkmächtigen Begriffswandel des Subjektbegriffs seit Descartes, wo das
Subjekt, das Unterworfene, Zugrundeliegende (hypokaimenon), zum
Erkennenden Ich wurde. Nicht ganz zufällig ist dieser Wandel zeitlich mit dem Erstehen des "modernen" Kapitalismus verknüpft; diese Analyse ist jetzt nicht rasend originell (Weber, [frz.]Strukturalismus, Frankfurter Schule, Post-Strukturalismus), hat aber m.E. seit den 80ern (Neo-Lib) einen Turbo eingelegt. Aus dem
Erkennenden Ich ist über das
Kaufende Ich das
Konsumierende Ich geworden. Allein der Konsum legitimiert schon Wertung und impliziert Expertise¹, die (anderes Thema) offensichtlich kundgetan werden
muss; eine Art Solipsismus, der aber über den ästhetischen vermutlich weit hinausgeht. In einer immer "dichter" werdenden Welt, in der Rationalismus immer mehr Selbstwirksamkeit ("Freiheit") einschränkt wird diese flotierende "Ich" natürlich zum Fetisch. Zumindest dort, wo es erfunden wurde, im globalen Westen - in eher kollektivistischen Kulturräumen (Asien z.B.) trifft man z.B. nicht immer auf Verständnis.
¹Selbstredend hat jede Amöbe die Fähigkeit, nichtsaures von saurem Medium zu unterscheiden und entsprechend zu "bewerten". Das ist aber Äonen entfernt von Lebewesen, die den Begriffen "Wert", "Ich", "Gesellschaft", "Kultur", bewusst einen Inhalt geben können.