Fakt, dass der Verein über allem steht. Ein Abstieg wäre wirtschaftlich wie sportlich der absolute Supergau, den es unter allen Umständen zu vermeiden gilt. Dazu gehört auch, dass man den Trainer wechselt. Florian Kohfeldt ist nichts im Vergleich zu Werder, ein unbedeutender Mosaikstein in der Geschichte des Vereins, daher kann man die Zukunft des Vereins auch nicht aufgrund der (meiner Meinung nach unrealistischen) Fantasie verspielen, dass er mit dem Verein nochmal irgendwann die Kurve bekommen könnte.
Dieses Thema mit der übertrieben langen Festhalten am Trainer gibt es auch nur bei Werder. Unterhält man sich mit Fans anderer Vereine, reagieren die in der Regel fassunglos, mindestens aber mit Unverständnis auf den Sachverhalt, dass er noch immer hier arbeiten darf. Selbst Düsseldorf, das ungefähr den halben Etat von uns hat und lediglich zwei Punkte hinter uns liegt, zieht die Reißleine und entlässt Funkel, der unbestritten weit mehr für Fortuna geleistet hat mit Aufstieg und nicht realistischem letztjährigen Klassenerhalt als Kohfeldt mit einer guten Rückrunde, also einem guten halben Jahr in zwei Jahren Amtszeit.
Jürgen Born, Valerien Ismael, Diego, Willi Lemke, Claudio Pizarro, Uli Borowka, Rudi Völler, Klaus Allofs, Wynton Rufer, Mesut Özil, Andreas Herzog, Dr. Franz Böhmert, Tim Wiese, Otto Rehhagel.
Vielleicht liegt das daran, dass wir oft mit einem Festhalten am Trainer gut gefahren sind, während andere Vereine, die den Trainer entlassen haben, sich auch nicht unbedingt alle vor dem Abstieg gerettet haben. Mindestens zwei Vereine *müssen* ja absteigen, und wenn sie 34 verschiedene Trainer in der Saison haben.
Es ist ja nun auch nicht so, dass ein Trainerwechsel notwendigerweise einen Aufschwung bedeutet. Natürlich kann man dafür argumentieren, dass man jede noch so geringe Chance nutzen müsse. Wenn man die Chance aber im Vergleich zum Risiko als zu gering ansieht, kann man sich aber auch anders entscheiden.
Don’t you ever kind of wish that the world would just stop? / That the band would pack up and the curtain would drop?
Es hat auch was mit Selbstvertrauen zu tun. Welcher Spieler nimmt denn einem Trainerbenjamin, dessen bisherige Ankündigungen schon sooft verfehlt wurden, die Überzeugung ab, diese Krise wirklich zu verstehen und die passenden Lösungen parat zu haben? Das Spiel gegen Hoffenheim wird nun wieder relativiert und der Gegner, der diese Saison wirklich keine Übermannschaft stellt, rückwirkend zum kleinen Riesen hochgejazzt. Nein, nach dem Glückssieg in Düsseldorf hätte man hier richtig durchzünden müssen. Was Werder gezeigt hat, war aber solide runtergestiefelt, kein Team, dass kraftvoll aus der Winterpause und mit drei Punkten im Rücken den Gegner Gras fressen lässt. Nur mit diesen Tugenden wird das was. Es ist das, was ich bei FK vermisse. Und ich traue ihm auch nicht zu, dass er in diese Rolle in den nächsten Spielen reinwachsen kann.
Ja? Wo denn?
Schaaf wurde drei Jahre zu spät entlassen. Als er ging verließ er uns im unteren Mittelfeld, also da, wo er uns irgendwann einmal übernommen hatte.
Dutt und Nouri wurden entlassen als wir in unmittelbarer Abstiegsgefahr standen, allerdings war da auch Wochen vorher ein starker Negativtrend erkennbar, so dass es nicht überraschte, dass es anschließend immer schlechter werden würde.
Als Skripnik eigentlich gehen sollte, entließ man stattdessen den bösen Eichin und ersetzte ihn durch Baumann, der zu allem Überfluss als erste Amtshandlung vollkommen überflüssig den Vertrag verlängerte und ihn anschließend monatelang herummurksen ließ. Und anstelle dessen, dass er sich an seinen Fehler erinnert, gibt er Kohfeldt vollkommen überflüssig einen Rentenvertrag.
Werder macht den Fehler, den Trainer erst dann zu wechseln, wenn eigentlich schon lange vorher feststeht, dass nichts Positives mehr passiert. Nicht ein einziges Mal nach so einem Negativtrend berappelte sich das Team mit dem jeweiligen Trainer, sondern dieser musste dann irgendwann halt doch gehen. Es gab nicht ein einziges Mal eine Trendwende. Und genau so ist es auch mit Kohfeldt. Es wird auch hier keine Trendwende geben.
Problem ist eben auch, dass man meist im eigenen Verein jemanden sucht, der da zufälligerweise gerade coacht. Würde man mal einen externen Impuls setzen, mal wirklich nachhaltige Qualität holen, dann müssten wir vielleicht nicht ständig entlassen. Wo hatten denn Nouri, Skripnik oder Kohfeldt jemals den Nachweis erbracht, dass sie gut sind? Keiner von denen hatte bei unserer U23 wahrnehmbar positive Spuren hinterlassen.
Jürgen Born, Valerien Ismael, Diego, Willi Lemke, Claudio Pizarro, Uli Borowka, Rudi Völler, Klaus Allofs, Wynton Rufer, Mesut Özil, Andreas Herzog, Dr. Franz Böhmert, Tim Wiese, Otto Rehhagel.
Inwiefern sind wir das denn? Die beiden Trainer, die hier eine Tätigkeitsdauer von ca. 14 Jahren hatten durchliefen doch nie derartige Krisen, wie die jetzige und als es bei TS dann in seinem letzten Jahr doch so war, wurde er danach entlassen. OR und TS waren lange hier, weil sie lange erfolgreich waren. Da denkt man über eine Trennung vom Trainer ja naturgemäß eher weniger nach.
Hiding on the backstreets
Wobei es nicht so war, dass nicht schon während kleinerer Krisen nach der Entlassung gerufen wurde. Natürlich waren die Täler nicht so tief, weil die Höhen auch höher waren.
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Weder Rehhagel noch Schaaf hätten so eine miese Bilanz überstanden. Kohfeldt ist doch nur noch aus zwei Gründen da: 1. die irrationale, anachronistische Sehnsucht nach dem besonderen Werderweg, welche durch die Ären Rehhagel und Schaaf ins historische Gedächtnis, ins Erbgut dieses Vereins eingesickert ist. 2. Weil Baumann sich damit selbst sein Scheitern eingestehen muss.
Mag sein. Oder: Weil man gerade keinen Besseren findet. Oder: Weil man sich weigert, nur kurzfristig zu denken (was positiv oder negativ sein mag). Oder: Weil man tatsächlich an eine Wende glaubt.
Eventuell versuchen wir es ja demnächst mal wie alle anderen Abstiegskandidaten mit dem Trainerroulette, alle 1-3 Saisons jemand anders. Es würde mich tatsächlich ganz ironiefrei interessieren, ob es den Verein voranbringt. Schade, dass man das nicht einfach mal ausprobieren und notfalls den letzten Spielstand wieder laden kann.
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Eieiei, was für ein Quatschgesabbel hier mittlerweile. Ich kann den Frust einiger hier ja ansatzweise nachvollziehen, weil die Sehnsucht nach den Erfolgen der Schaaf-Ära hier immens ist - bei mir natürlich ebenso. Trotzdem kann man diese Saison nicht mit den Negativphasen unter Nouri oder Skripnik vegleichen. Da hat die Mannschaft mit dem Trainer gebrochen - hier kommt ein Kevin Vogt in der Winterpause nach der schlimmsten Hinrunde der Vereinsgeschichte und begründet seine Entscheidung mit dem Gespräch mit dem Trainer. Leute es ist doch echt nicht so schwer den Unterschied zu sehen.
Aber in Regensburg wird noch gespielt.
Ja, soll er sagen, er ist trotz Trainer gekommen?
Mir geht dieses moderne wegmoderieren von Konflikten auch irgendwie auf den Keks. Früher konnte ein Uli Stein den Kaiser noch als Suppenkasper beschimpfen und ist einfach wieder nach Hause geflogen. Mir fehlt die Reibung, alles so unausgesprochen, aalglatt, wie aus dem Internat eben, nicht nur die Frisur, auch die Rethorik geschliffen. Bei so einer Situation muss es doch Unzufriedenheit und Streit im Team und mit den Trainern geben, und das ist doch erstmal nicht verkehrt, sofern man das konstruktiv nutzt. Dass es so ruhig ist und nicht kracht - das macht mir eher Sorgen.