Sondern hier? Das wäre ja auch Teil einer Internet-Blase.
Nee, ich meine auf Spiegel-online
Hiding on the backstreets
Schon klar. Meine Intention war, den Text hinter der Phrase auch mal auf's Tableau zu heben. Mehr als die Phrase werden nämlich die wenigsten kennen, nehme ich an.
Dann kann man Satire an sich nicht mehr nutzen, denn irgendwer fühlt sich immer trotzdem beleidigt und marginalisiert.
Und was ist denn das, was man erreichen will, wenn man Satire nutzt? Nur ja niemandem wehtun oder (gesellschaftliche) Strukturen mit Stilmitteln der krassen Übertreibung (die weh tun kann und soll) angreifen?
Und wo genau treiben sich Journalisten 24/7 herum?
Das mag sein.
Wiewohl ich persönlich dies sehr bedauerlich finde: wirft doch schon der erste Satz des Textes auf geradezu prophetische Weise ein gleißend helles Licht auf die seit Jahren mit dem dürren und fadenscheinigen Deckmantel der sogenannten "PC" nur knapp verhüllte, pandemisch grassierende Empörungskultur!
Buongiorno Dio, lo sai che ci sono anch'io!
Mit dem Tod habe ich nichts zu schaffen: Bin ich, ist er nicht. - Ist er, bin ich nicht.
Fight like a titleholder, stand like a champion, live like a warrior - and never let'em break you down!
Das sehe ich anders. Es geht nicht darum sowas zu verbieten, sondern darauf hinzuweisen, dass es eben keine gute Satire ist, da es den Zweck verfehlt. Was ist der Zweck? Ich denke, gute Satire richtet sich nach oben, gegen privilegierte und nicht gegen marginalisierte Gruppen, versucht durch Zuspitzung Missstände und Trotz (siehe gekränkter Idealist, Tucholsky) offenzulegen und so letztlich eben auch zur Abschaffung dieser beizutragen. Wenn man zB zum hundertsten Mal das N-Wort nutzt, dann ist eben die Gefahr groß, dass es letztlich beim falschen Adressaten ankommt und man so eben eher dazu beiträgt, dass die Missstände weiter bestehen. Und das war doch der springende Punkt bei der Kritik an Sonneborn. Ich finde, das hat Semsrott in seinem Statement auch ganz gut ausgedrückt. Man kann den Trotz aber auch umdrehen und darauf bestehen, das weitermachen zu dürfen, schließlich darf Satire doch alles. Klar, darf sie, aber progressiv ist es dann halt nicht.
Ich verstehe, was Du meinst, bin aber trotzdem anderer Meinung.
Rassismus ist doch das beste Beispiel, das kommt eben nicht von "oben". Das war mal so, heute ist es aber ein tief in der Gesellschaft verankertes Hintergrundrauschen (in Ermangelung eines besseren Wortes). Und wer privilegiert ist, das ist ja immer eine Frage der Perspektive, das zeigte die Stürmung des Kapitol in Kontrast zu den BLM-Protesten gerade phänomenal.
Dass jemand Satire in den falschen Hals bekommt ist dabei etwas, was man in Kauf nehmen muss, sonst gibt es keine Satire mehr.
Es wird sich nämlich immer jemand finden, der sich marginalisiert fühlt, gerade in der heutigen Zeit der Berufsaufgeregten auf twitter.
"N-Wort" finde ich sprachlich wie psychologisch übrigens furchtbar. Aus sprachlicher Sicht ist es einfach eine hässliche Konstruktion und psychologisch macht es nichts anderes als in meinem Kopf "Neger" daraus werden zu lassen, nur dass der, der es ausspricht, es nicht selbst sagen muss und sich dabei vermutlich noch woke wie Sau findet.
Und nur damit daraus nicht gleich wieder die falschen Schlüsse gezogen werden (ja ihr Berufsaufgeregten, ihr seid gemeint), das heißt nicht, dass ich das Wort gerne inflationär verwenden möchte. Wenn man es in Berichtsform verwendet, sollte man auch beim Originalzitat bleiben, ansonsten sollte man sich das Wort einfach komplett sparen.
Das N-Wort ist ein gutes Beispiel. Warum müssen Weiße darauf bestehen, es aussprechen und ausschreiben zu müssen, wenn doch so viele Schwarze sagen, dass es für sie sehr unangenehm ist und N-Wort besser zu ertragen sei? Warum kann man darauf nicht verzichten, auch wenn man selbst es "psychologisch furchtbar" findet. Es geht dabei eben nicht um dich.
Und man mag vielleicht immer jemanden finden, der sich marginalisiert fühlt. Es ist aber etwas anderes, wenn jemand sich marginalisiert fühlt und auch marginalisiert ist. Und schwarze Menschen sind es. Und das es keine Satire mehr gäbe, wenn man darauf verzichten täte, halte ich für Unsinn. Das ist das typische Scheinargument, um weiter zu machen und sich nicht damit auseinanderzusetzen.
Und das Rassismus nicht von oben kommt, das meinst du hoffentlich nicht ernst. Wen trifft denn Rassismus? Leute die über den Rassisten stehen oder nicht doch eher die darunter? Hör dich mal um bei Betroffenen, aus welcher Richtung der erlebte Rassismus kam.
Auch dass Privileg eine Frage der Perspektive wäre, das erzählt dir nur jemand der ne Menge Privilegien besitzt.
Aber es führt zu nichts. Vielleicht kennst Du ja schwarze oder andere nicht deutsch gelesene Menschen so gut, dass sie ehrlich und tiefgründig über ihr Leben hier mit dir sprechen können und wollen. Mach das mal.
Du kennst meine Hautfarbe?
Und selbstverständlich geht es dabei auch um mich, egal ob ich damit beschrieben werde oder nicht.
Ja nun, bis auf die archetypischen (reichen) alten weißen Männer wirst Du aber quasi keine Gruppe irgendeiner Art finden, die nicht in irgendeiner Weise marginalisiert ist. Frauen? Junge Menschen? Arbeitslose? ... Wo soll eine solche Argumentation hinführen?
Das ist also Quatsch.
Genau mit solchen Stereotypen arbeitet Satire aber nunmal prinzipiell.
Und wie stellt sich dieses "über" und "unter" denn konkret dar? Werden denn erfolgreiche schwarze Menschen plötzlich weiß (also von Michael Jackson mal abgesehen) bzw. nicht mehr Opfer von Rassismus? Es ist doch eben der Kern des Rassismus, eine irrationale Überlegenheit der eigenen Ethnie aus sich selbst heraus (also Kraft der eigenen Ethnie) zu begründen. Das wovon Tucholsky aber schreibt sind Machtverhältnisse, nicht gefühlte Überlegenheit.
Habe ich.
Vielleicht ist das ja alles ein Move, wie ihn Andy Kaufmann ihn sich ausgedacht haben könnte. Wenn wir hier bei Satire sind, sind wir ggf. der Adressat.
Zum Titanic-Cover: Für mich hat das Cover genau diese Form von Rassismus aufs Korn genommen: piefige Spießbürger, die es vermeintlich gut meinen und einen Schwarzen in einer letztendlich machtlosen, rein representativen Funktion okay finden würden. Dabei bleibt bei diesen Leuten das Verständnis von Machtgefügen aber vollkommen unangetastet weiterhin rassistisch: die Weißen erlauben einen Schwarzen auch mal ein höheres Amt, aber die Machtverhältnisse bleiben eben bestehen vor allem in den Köpfen, was sich auch daran zeigt, dass man eben weiterhin rassistische und verletztende Begriffe verwendet.
Diese Sichtweise kann man auch umdrehen: Bei Bölls "Ansichten eines Clowns" wurde ja beispielsweise kritisiert, dass die Böll die kritischen Ansichten auf die Nachkriegsgesellschaft einem "Clown" zugeordnet hat und dadurch diese richtigen Ansichten unterminiert würden
Geändert von =Vince= (15.01.2021 um 11:55 Uhr)
Life isn’t, and has never been, a 2 – 0 victory against the League leaders after a fish and chips lunch. (Nick Hornby)