Folgernder Beitrag ließ mich einsehen, dass eine weitergehende Beschäftigung mit der Problematik wohl falsch wäre im Faden zu aktuellen Ereignissen, da es sich ja offenkundig um grundsätzliche Fragen zur Beschaffenheit der deutschen Demokratie handelt. Ob man die Skepsis die ich habe nun teilt oder nicht, vielleicht kann man an dieser Stelle einfach ein paar Wesensfragen demokratischer Ideen diskutieren.
Warum zweifle ich also an, dass Deutschland eine Demokratie ist? Als erstes wäre dafür mal zu klären, was Demokratie ist. Heruntergebrochen auf die Wortbedeutung ist es schlicht die Herrschaft des Staatsvolkes. Da dieses natürlich auch mal was anderes zu tun hat, als sich die ganze Zeit mit der Organisation des Staatsgebildes zu beschäftigen, braucht man dafür ein Staatswesen. Da setzt allerdings meine Kritik an, denn natürlich ist die Staatsführung nicht direkt vom Staatsvolk möglich, jede zwischengeschaltete Instanz oder Institution "verwässert" aber den direkten Kontakt zum Staatsvolk und entfernt sich damit gezwungenermaßen vom demokratischen Charakter des Ganzen.
In Deutschland beispielsweise bestimmt der Bundeskanzler, in welche Richtung es politisch geht. Den wählt nun aber nicht das Volk, sondern der Bundestag. Der Bundestag als Sitz der Repräsentanten des Volkes wäre dafür natürlich auch ein denkbar guter Ort, wenn ja wenn da nicht auch ein zwei kleine Problemchen auftauchten. Wie setzt sich denn der Bundestag zusammen? Der wird theoretisch vom Staatsvolk bei der Bundestagswahl gewählt, aber eben auch nicht so recht direkt, sondern über den Umweg der Parteien (ich weiß, es gibt auch die Erststimme, aber jeder weiß auch, dass die im Großen und Ganzen zu vernachlässigen ist).
Parteien stellen nun ihrerseits eine recht merkwürdige und meiner Meinung nach dem demokratischen, bzw. vor allem dem parlamentarischen, Charakter der Politik nicht förderlichen Aspekt dar. Sie sind Sammlungsorganisationen irgendeiner diffusen politischen Grundtendenz, die nicht wirklich mit übergeordneten Begriffen zu fassen ist. Ich muss also irgendeiner Partei meine Stimme geben, deren Parteiprogramm ich gut finden soll. Das stellt für mich allerdings eine Grundproblematik dar, denn, und jeder, der mal den Wahlomat benutzt hat, weiß das, jeder findet bestimmte Vorstellungen, die eine Partei vertritt, gut und andere eben weniger gut. Ich habe hier allerdings nur die Wahl, ein "Gesamtpaket" auszuwählen. Das wäre an sich noch kein Riesenproblem, bedenklich wird es im nächsten Schritt. Da bei der BT-Wahl nach dem Verhältniswahlrecht gewählt wird (Zweitstimme) heißt das aber nicht, dass "mein" Parteiprogramm, gesetzt den Fall es erringt die Mehrheit, umgesetzt wird, womit man dann ja leben könnte. Es heißt erstmal nur, dass das Programm bzw. die dieses vertretende Partei eine bestimmte Stärke im BT erlangt.
In Deutschland wir ferner die stärkste Fraktion damit beauftragt, eine Regierung zu bilden. Dabei kommt es, sollte nicht eine Fraktion die absolute Mehrheit erringen, zu Koalitionsverhandlungen, bei der aus den Parteiprogrammen mehrerer Koalitionäre ein Regierungsprogramm ausverhandelt wird. Das war früher ein dünnes Blättchen bzw. ein paar wenige Seiten mit einer Einigung darauf, in welche Richtung es grob gehen würde, heute ist das ein Buch (!), in dem möglichst detailliert geklärt wird, wie der Fahrplan für die nächsten Jahre aussieht (da sehe ich den Parlamentarismus und die Gewissensbedingung der BT-Abgeordneten jetzt irgendwie nicht mehr so recht berücksichtigt). Hier wird eine grundlegende Problematik der Kombination aus Wahlsystem mit Parteien und Regierungsbildung deutlich, denn ich musste mich bei der Wahl ja für ein ganzes Programmpaket entscheiden und nun wird in den Koalitionsverhandlungen Themengebiet für Themengebiet einzeln verhandelt und dabei kann es durchaus sein, dass die für mich überhaupt entscheidenden Punkte, dieser Partei und damit deren Programm meine Stimme zu geben, zugunsten der Position der anderen Partei gekippt werden. Inwiefern sich dadurch der Kratos des Demos durchsetzt ist mir ein Rätsel, trotzdem ist die Wahl (und in diesem Falle gar die Regierung) juristisch gesehen mit meiner Stimme legitimiert. Nicht, dass ich an dieser Stelle falsch verstanden werde, dass sich meine Vorstellungen zu einzelnen Fragen evtl. nicht durchsetzen, weil sie im Parlament (also in einer echten Repräsentation des Staatsvolkes durch Vertreter) keine Mehrheit finden, ist nicht mein Problem, das ist in einer Demokratie nun mal so.
Das mal als Einstieg, vielleicht hat ja der ein oder andere etwas beizutragen, es würde mich freuen. Und um das gleich vorweg anzukündigen, ja, ich habe eine Vorstellung davon, wie sich das mMn besser organisieren liesse und werde die hier auch vorstellen.