Nach der Bundestagswahl 2021: Deutsche Politik und wer wird uns regieren?

[lagom]

Viele unserer Monteure hingegen würden gerne mehr als 10h machen da sie zum einen ihre Arbeit fertig bekommen wollen, und in der Fremde nach Feierabend auch nicht viel sinnvolles los ist...

Als vor 10 Jahren unser Haus gebaut wurde, kam irgendwann eine Firma, die für nichts anderes zuständig war als die Leitungen für die Fußbodenheizung zu verlegen. Die kamen morgens an und hatten sich Scheinwerfer zum Aufstellen mitgebracht für abends (im Mai oder so). Auf meine Nachfrage hin meinten sie nur, dass das heute halt länger dauern wird aber es auch fertig werden muss weil sie am nächsten Tag die nächste Baustelle in NRW hätten. Letztendlich dauerte es wohl auch bis in die späten Abendstunden. Ich hatte überlegt, den Bauleiter mal drauf anzusprechen, aber hab es dann doch sein lassen. Toll fand ich das trotzdem nicht. Muss mindestens ein 13h Tag gewesen sein.

Wenn ich dann überlege, dass vermutlich jeder Arbeitstag so abläuft, dann möchte ich nicht wissen nach wie vielen Wochen ich da zusammenbrechen würde.

Das ist der Vorteil bei ausländischen Wegwerfarbeitern, wenn die verbraucht sind kann man die in die Heimat zurückschicken.

Auch wenn man als Deutscher bundesweit eingesetzt wird, ist es ganz schön, am Freitag nicht noch bis Mittag arbeiten zu müssen. Da kann man seine Stunden auch bis Donnerstagabend vollmachen. Allerdings ist dann das Gejammer der Öffentlichkeit groß, wenn auf der Baustelle am Freitag kaum noch was passiert.

[Dondiego]

Wie sieht das denn hier überhaupt aus : hat hier schon jemand mehr als 10h gemacht , eventuell auch öfter ?
Ich habe in allen meinen Stationen ( Landwirtschaft, Montage , Entwickler) oft mehr als 10h gemacht , aber der Benennung nach absteigend. Es kommt wenn die Bude brennt immer mal vor. Problematisch ist es halt da die BG da im Falle des Falles Ärger machen könnte (Hörensagen )

So 30/40 Tage im Jahr gehen über 10h, seltenst mehr als 14. genauso viele Tage sind aber auch mit nur 6h Arbeit verbunden. Hängt immer nen bissl von Projekten ab und ob ich noch was fertig machen will/muss oder auch nicht.
Hängt halt auch stark von den Branchen ab, auch was die Sinnhaftigkeit von 10h und mehr angeht

[Dondiego]

Allgemein: Vertrauensarbeitszeit ohne Aufzeichnung der Stunden dürfte eigentlich überfällig sein, da der EuGH den Arbeitgeber verpflichtet Stunden aufzuzeichnen. Einzig die Umsetzung in nationales Recht hängt noch hinterher mein ich

[PerRoentved]

Da bin ich mal sehr gespannt auf die Vorschläge, die mein AG dazu machen wird.

[C+J]

Bei mir im Hotel habe ich ganz oft Buchungen von Firmen für Ihre Mitarbeiter, die von Mo-Fr. eingebucht sind. Im Laufe des Donnerstags, sagen die Mitarbeiter aber häufig bescheid, schon abends abzureisen (was die Firma allerdings nicht unbedingt wissen muss)
Ergo offenbar durch Überstunden früher fertig geworden, und dann lieber abends noch zur Familie, und ein verlängertes Wochenende frei. Ist doch win-win

[StoneCold]

Das ist der Vorteil bei ausländischen Wegwerfarbeitern, wenn die verbraucht sind kann man die in die Heimat zurückschicken.

Zumindest zwei von denen haben akzentfreies deutsch gesprochen.

[fruchtoase]

Länger als zehn Stunden arbeiten ist halt einfach Quatsch. Die Produktivität sinkt schon deutlich vorher, dafür steigt die Fehlerquote. Zudem geht langes Arbeiten auf Kosten der Gesundheit (und der Familie, wenn man eine hat).

Bei mir im Hotel habe ich ganz oft Buchungen von Firmen für Ihre Mitarbeiter, die von Mo-Fr. eingebucht sind. Im Laufe des Donnerstags, sagen die Mitarbeiter aber häufig bescheid, schon abends abzureisen (was die Firma allerdings nicht unbedingt wissen muss)
Ergo offenbar durch Überstunden früher fertig geworden, und dann lieber abends noch zur Familie, und ein verlängertes Wochenende frei. Ist doch win-win

Und dann fahren die nach extralangem Arbeitstag noch schön ein paar Stunden müde und kaputt durch die Nacht. Super Idee!

[Wiesenlove]

Ärzte zählen vermutlich nicht zum niedriglohnsektor. Da ist arbeiten über 10 Stunden voll normal, wird erwartet und ist tariflich festgeschrieben.

...und völlig bescheuert.
Aber wer will schon von einem ausgeruhten und einsatzbereiten Arzt behandelt werden, wenn es auch ein übermüdeter nach x Stundenschicht inkl. Bereitschaftsdienst tut.

Nein, Ärzte zählen nicht zum Niedriglohnsektor, sind aber auch eher die große Ausnahme.
Und nein, von mir wird das nicht erwartet und auch nicht gewünscht und das sage ich Medizinern auch jedes Mal persönlich, wenn es um das Thema geht.

Ich kenne es auch aus genug anderen Bereichen. Anwaltskanzleien, Polizei, It etc. und insbesondere bei höheren Gehältern, wenn Überstunden mit dem Gehalt abgegolten sind und Vertrauensarbeitszeit gemacht wird.

Ich sehe auch Argumente dafür, analog zu dondiego.

Ja, das kommt tatsächlich nicht so selten vor. Aber Zwölfstundentage sind - selbst wenn ein Drittel davon Meetings und sonstige Kommunikation sind - für die allermeisten Menschen nicht nur sozial und gesundheitlich schädlich, sondern auch für den Arbeitgeber nicht sinnvoll.

[Saissel]

Bei uns im Unternehmen(Chemische Industrie 24/7 365 Tage Betrieb) gibt es halt mehrere Bereiche, Die Produktion arbeitet im Voll Konti Schichtsystem, in dem Sonntags immer nur 2 Schichten anwesend sind, ergo jeden Sonntag machen 2 Schichten jeweils 12h. Wir von der Technik sind halt vom Zustand der Anlage abhängig, unsere Anwesenheitspflicht besteht zwischen und 8 und 14 Uhr. Wir können aber zwischen 05:30 Uhr und 18 Uhr eingesetzt werden. Kommt halt auch schon mal vor das man um 10 Uhr nach Hause geschickt wird um dann mittags wieder zu kommen. Wenn die Anlage laufen "muss" kommen halt auch schon mal Open End Tage vor. Da man das rechtlich ja nicht darf, gibt es meist mündliche Absprachen wie nach 10h ausstempeln, weiter arbeiten und dafür im Anschluss 1-2 Tage bezahlt frei. Hier wird alles so gedreht das am Ende die Anlage auch keine Minute zu lange steht.

[fruchtoase]

Was macht man nicht alles, damit die Rendite für den Kapitalisten stimmt. Herrlich!

[hans koschnick]

Bestimmte Produktionsprozesse können nun mal nicht einfach so unterbrochen und dann wieder locker hochgefahren werden. Allein aus Nachhaltigkeits- und energetischen Gründen.
Ich nehme an, der von Saissel geschilderte Fall gehört dazu.

Jeder, der sich mal annäherungsweise mit dieser Thematik befasst hat, versteht das auch.

[fruchtoase]

Bestimmte Produktionsprozesse können nun mal nicht einfach so unterbrochen und dann wieder locker hochgefahren werden. Allein aus Nachhaltigkeits- und energetischen Gründen.
Ich nehme an, der von Saissel geschilderte Fall gehört dazu.

Jeder, der sich mal annäherungsweise mit dieser Thematik befasst hat, versteht das auch.

Ach was, Captain Obvious...
Dann gibt es natürlich keine Chance 12+h Schichten zu vermeiden... Ich meine, es ist ja physikalisch schließlich gar nicht möglich, aus zwei Schichten drei zu machen, damit keine 12+h dauern muss. Das hatte ich natürlich nicht bedacht, mea culpa!

[hans koschnick]

Offenbar gibt es diese Möglichkeit nicht immer.

Und auch da spreche ich aus jahrelang gemachter Erfahrung in einer großen deutschen Illustriertendruckerei: Tarifvertraglich war dort eine 38-Std.-Woche vereinbart, es gab ein Vier-Schicht-System (ergo pro Schicht 6 Std. Arbeitszeit) + alle zwei Wochen samstags für je 2 Teams 12 Arbeitsstunden. Macht also in Woche A 30 Arbeitsstunden mo - fr, in Woche B 42 Arbeitsstunden mo - sa. Damit kommste aber im Schnitt nur auf 36 Wochenstunden pro Mitarbeiter. Der "Rest" wurde mit Sonntagsarbeit (9 + 6 + 9 Stunden für drei Teams) aufgefüllt und entsprechend super vergütet.

So konnte eine 24/7-Woche realisiert werden - übers Jahr gesehen glich sich alles für jeden Kollegy aus, selbst mit Krankheit und Urlaub.


Um Deinen spiegelfechterischen Scheinargumenten zuvorzukommen: Nein! Die 14-tägige 12-Stunden-Schicht ließ sich nicht vermeiden.

[fruchtoase]

Offenbar gibt es diese Möglichkeit nicht immer.

Natürlich nicht, das würde eben die Rendite des Kapitalisten schmälern.
Und klar, Tarifverträge verunmöglichen humane Arbeitszeiten, gerade im Niedriglohnsektor ein weit verbreitetes Phänomen.

[Saissel]

Naja das Schichtsystem hat schon so seine Eigenheiten, einfach ne neue Schicht nur für Sonntags einzuziehen ist schwierig. Voll Konti bedeutet ja das es insgesamt 4 Schichten gibt die 24/7 alles abdecken. Man braucht an einem Tag 3. 7,5 h Job ist ja wohl noch genehm. Macht mit Pause auch ne Anwesenheit von 8h. Würden wir an dem Sonntag auch mit den 3 Anwesenden schichten fahren, hätten die Kollegen weniger freie Tage am Stück, was auch von den Kollegen nicht gewollt ist. Davon ab, gibt es zeitliche Vergütung für die jeweiligen Kollegen. Klar sind 12h Schichten richtig scheisse, aber um den Betrieb 24/7 aufrecht zu erhalten kaum zu vermeiden. Wir brauchen zum "Ausschalten" der Anlage übrigens ca. 48h. Das "Einschalten" ca. 12. Also irgendwie eine Wochenregelung ist einfach nicht Sinnvoll. Aber wir bewegen uns hier auch ganz sicher nicht im Niedriglohnsektor.