Zitat von
anamous
Sorry, das ist dieser Quatsch, den ich vorhin meinte. Die Milliarde, die ich mir als mein Eigentum vorstelle, ist auch fiktiv, aber das macht sie nicht zu einem Vermögen "zweiter Klasse", sie ist nämlich gar kein Vermögen. Das schränkt natürlich ihren Kapitalwert ein, nämlich auf Null.
Eine Analogie: ein Angestellter mit unbefristetem Vertrag hat kein "Vermögen zweiter Klasse" in Gesamtsumme der Löhne, die er bis zur Rente einnehmen könnte, sondern ein Einkommen in Höhe seines monatlichen Lohns. Würde ihm der Vertrag ordnungsgemäß aufgekündigt (in der Analogie wäre dies das Ableben des Rentenbeziehers), dann könnte der Arbeitnehmer auf den Rest seines "Vermögens zweiter Klasse" in Form von nicht mehr ausgezahlten Löhnen bis zum Renteneintritt nicht zugreifen (lies: es vererben). Ebensowenig könnte jener Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber die Auszahlung der Gesamtsumme verlangen. Es gibt ja auch so gesehen keine Gesamtsumme: da der Lohn im Laufe des Vertrags erhöht oder verringert werden kann kann man nicht berechnen, was dieses ominöse Vermögen überhaupt für einen Wert hat. All das entlarvt dieses "Vermögen zweiter Klasse" als das, was es tatsächlich ist: kein Vermögen.
Die Formulierung wird noch absurder, wenn man bedenkt, dass man zwar Rentenbeiträge einzahlt, die eingezahlten Beiträge aber zur Finanzierung der Renten anderer verwendet werden. Und wenn man selbst Rentner wird, dann wird man von wiederum anderen finanziert. Es fliesst zwar beidseitig Geld, aber der Unterschied ist dennoch fundamental: die gesetzliche Rente ist ein soziales Konstrukt, keine Kapitalanlageform. Die idealisierte Beschreibung der Rente ist wie folgt: wir als Gesellschaft wollen denjenigen, die nicht mehr produktiv sein können, ein Auskommen garantieren. Nicht, weil sie ein volles Konto bei der Rentenversicherung haben, sondern weil sie mit ihren Beiträgen zuvor ebenso dafür sorgten, dass anderen ein Auskommen garantiert werden konnte. Man muss nicht lange bohren, um den fundamentalen Unterschied zu Kapitalanlagen, ob sie als Altersvorsorge oder sonstwas daher kommen, zu erkennen. Rentenanspruch ist kein persönliches Vermögen; er erfüllt so gut wie keine der Voraussetzungen dafür.
Die Modellierung solcher sozialer Konstrukte als Kapitalanlagen ist ein ideologischer Kniff, dessen sich der Modellierende nicht mal bewusst sein muss. Es geht letztlich darum, Menschen Vermögen anzudichten, die sie nicht haben, und sie volkswirtschaftlich und in sozialer Hinsicht entsprechend zu bewerten - gerne auch mit Formulierungen wie "Vermögen zweiter Klasse", die dennoch ein Vermögen implizieren, wo gar keines ist. In dem Sinne wäre ich dann tatsächlich Milliardär.