Dass Afrika nach über hundert Jahren Kolonialherrschaft sehr "strukturschwach" hinterlassen wurde, hat sicher etwas damit zu tun, wie die europäischen Kolonialherren dort "gewirtschaftet" haben.
Dass Afrika nach über hundert Jahren Kolonialherrschaft sehr "strukturschwach" hinterlassen wurde, hat sicher etwas damit zu tun, wie die europäischen Kolonialherren dort "gewirtschaftet" haben.
{Meta Male}
„Der Mensch braucht wenig und auch das nicht lange.“ - Edward Young (1683-1765)
„Das Wort verwundet leichter, als es heilt.“ -J. W. v. Goethe (1749-1832)
Das stimmt, ich habe mich hier aber wohl etwas missverständlich ausgedrückt. Mir ging es hier um kulturell-gesellschaftliche Strukturen, wie Stammesstrukturen, die den Einzug westlicher Werte und Ideen sicherlich erschwerten und immer noch erschweren.
Geändert von Hedoaltruist (19.07.2018 um 19:08 Uhr)
Ob sie "ursprünglich" mit der Kolonialisierung zusammenhängen spielt doch keine Rolle. Eine Tatsache ist aber, dass der immer noch vorhandene kolonialistische Grundgedanke, der sich z. B. in einem "Und gerade weil es in Europa bis vor kurzem nicht anders war, können und sollten wir hier helfen." äußert, diese Situation zementiert. Du hast China angesprochen, ist China der Aufschwung gelungen, weil die Europäer und Amerikaner da kräftig "geholfen" haben? Wenn wir Afrika nicht die Möglichkeit geben, selbst etwas zu schaffen, wird da nichts werden und wir tun genau das Gegenteil mit unseren wirtschaftlichen Plünderungen. Um unser Gewissen zu erleichtern werden dann zusätzlich ein paar Schulen gebaut und hinterher werben wir die klügsten Köpfe für uns ab.
Ich sehe in Krankheiten, Hunger, Bürgerkriegen und Co. nicht die Probleme, die wir lösen sollten oder könnten. Die Ursachen dessen müssen wir bekämpfen und nicht bei jeder Coltan- oder Diamantmine in unserer Hilfsbereitschaft gleich wieder umfallen mit dem Totschlagargument, wenn wir es nicht machen, macht es der Chinese...
DAS ist mMn das schwerwiegendste Problem, man hat die Kolonialisierung nur formal aufgehoben, wirtschaftlich besteht sie weiterhin und wann immer das mal in Gefahr gerät kann immer noch mal ein bisschen destabilisiert werden.
Richtig, wir müssen die Ursachen der echten Probleme bekämpfen, dass ist das was ich geschrieben habe. Wenn diese allerdings nicht ursprünglich durch den Kolonialismus entstanden sind, ist es auch wenig wahrscheinlich, dass diese nur oder auch zu großen Teilen durch den Kolonialismus zementiert werden. Das einzige, worauf das zutreffen mag, ist die Armut. Gerade in Sachen Hygiene und Krankheitsbekämpfung sehe ich nicht, warum Afrika nicht von westlichem Know-How profitieren sollte. Krankenhausbau, medizinische Versorgung, Ärzte ohne Grenzen, einheimische Forschungszentren. Da ich einen Großteil meiner beruflichen Karriere bisher im Umfeld Gesundheit und Pharma/Biotech verbracht habe, kann ich guten Gewissens behaupten, dass hier auch schon tolle Arbeit geleistet wird. Auch dem Punkt Bürgerkrieg kann man mMn nur dadurch entgegen wirken, indem man den Menschen andere Möglichkeiten aufzeigt, dass friedliche Strukturen und Werte möglich und erstrebensert sind. Das geschieht teilweise über Bildung und Infrakstruktur, teilweise wird destabilisiert. Ich sehe aber nicht, dass inländische Konflikte eine direkte Folge der Kolonialiserung sind. Manchmal werden diese allerdings sicherlich, wie von dir geschrieben, eben durch Destabiliserung gefördert. Sicherlich ebenfalls falsch und hier kommen wir zu dem Punkt, der für dich offensichtlich das zentrale Thema ist, ist die wirtschaftliche Ausbeutung einiger Länder. Aber auch hier muss man schlichtweg Feststellen, dass vielen afrikanischen Ländern sowohl das Know-How als auch die infrastrukturellen Möglichkeiten fehlen, um bespielsweise den Rohstoffabbau oder die Produktion auf westlichem Standard durchzuführen bzw. auf einem Standard, der der ganzen Bevölkerung zu Gute kommen könnte. Auch hier kann Afrika von westlichem Know-How profotieren, was aber natürlich nicht bedeuten soll, dass der Westen auf Grund seiner größeren Fortschritts einfach plündern darf und sollte, bzw. überhaupt das Recht hat, einseitig einzugreifen. Auch hier sehe ich wie so häufig den Mittelweg am besten, der auf Verständigung und Kooperation beruht, wofür wiederum der chinesische Weg zum Aufbau gemeinsamer Handelsstrukturen, zumindest langfristig, wohl produktiver und ethischer gelagert ist.
Oder verstehe ich dich falsch? Was sind für dich die Ursachen der von mir genannten Probleme?
Geändert von Hedoaltruist (19.07.2018 um 21:03 Uhr)
Ist sicher nicht möglich die komplexen Probleme Afrikas hier zu erklären, aber zwei Punkte:
- Zum fett markierten: Dann gucke Dir mal die Grenzziehung einiger afrikanischer Staaten an.
- Nigeria verfügt mit Sicherheit über die modernsten Strukturen zur Erdölforderung, nützt dem Land aber sehr wenig. Die Idee, denen da unten mal zu zeigen, wie das alles so geht mit Hygiene, Technik usw. ist doch etwas sehr naiv. Die Systeme der Unterdrückung und Instabilität werden bewusst von Menschen aufrecht erhalten, die davon profitieren und jedwede Änderung blockieren. Dazu gehören internationale Konzerne genauso wie lokale Eliten usw.
Life isn’t, and has never been, a 2 – 0 victory against the League leaders after a fish and chips lunch. (Nick Hornby)
Das ist mir soweit schon klar, mir geht es aber um die Ursachen der Probleme? Gibt es diese Konflikte erst seit der Kolonialsierung, oder gab es diese schon zuvor? Falls ja, kann die Kolonialsierung ja nicht die Ursache sein, sondern nur zur Erhaltung des Problems beitragen. Ich könnte mir gut vorstellen, dass viele Konflikte eben auch auf Grund von Armut und sozialen Unterschieden enstehen, schon vor der Kolonialisierung. Somit würde es eben nicht ausreichen, dass sich die Europäer einfach aus Afrika zurück ziehen und alles wird gut. Über Ursachen von Krankheit und Tod brauchen wir hier denke ich nicht diskutieren. In wirtschaftlichen Fragen bin ich ja wie geschrieben bei euch. Und das vieles in Afrika verkehrt läuft, ist mir auch klar. Ich bekomme aber eben auch aus zweiter Hand die Fortschritte mit.
Geändert von Hedoaltruist (19.07.2018 um 22:29 Uhr)
Dieses Argument habe ich nie verstanden. Die Grenzen in Europa wurden ja nun auch mehrfach verschoben. Ist da auch derjenige, der die Grenzen festgelegt hat, Schuld an den entstehenden Konflikten? Und wenn nicht, inwiefern ist die Situation in den entsprechenden afrikanischen Staaten anders?
Nunja, wodurch wurden die Grenzen in Europa verschoben? In erster Linie durch ethnisch-nationalistische Konflikte, spätestens seit dem 20.Jhd gepaart mit zum Teil extremen Formen der ethnischen Säuberung. Sei es in Mitteleuropa oder auch um die Ägäis herum. Auf dem Balkan sogar noch relativ kürzlich.
Zynisch gesagt würde in Deutschland auch heute noch die Oder-Neisse-Linie nicht akzeptiert werden, wenn dahinter nicht nur noch "die Polen" wohnen würden.
Auch in Europa sind die Grenzen ursprünglich nicht zwischen "Nationen" oder ethnischen Gruppen verlaufen, sondern zwischen den Herrschaftsgebieten irgendwelcher Herrschaftshäuser. Ähnlich wie die mehr oder weniger willkürlich (bzw. nur untereinander) festgelegten Grenzen der Europäer in Afrika. Schon hat man da Staaten, die keine Nation werden, da die Afrikaner nun auch nicht klüger sind als die Europäer, was die Verbindung von Nation und Volk/Ethnie/Rasse betrifft. Natürlich wurden gerade solche "spalterischen" Sichtweisen (ebenso Christentum gegen Islam) auch gerne noch von denen außerhalb gefördert, die davon profitieren. Was in Europa aber durchaus auch der Fall war (und ist...).
Okay. Aber niemand würde auf die Idee kommen zu sagen, die Siegermächte des ersten Weltkriegs wären aufgrund der Grenzziehung Schuld am zweiten Weltkrieg. Warum ist diese Argumentation in bezug auf Afrika schlüssig?
Die Idee des ersten Weltkriegs als "Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts" ist nicht wirklich ungewöhnlich. Der Versailler Vertrag wird auch häufig als eine der Ursachen für den Aufstieg Hitlers und damit des zweiten Weltkriegs gesehen. Gerade auch außerhalb Deutschlands, in dem jede "es gibt auch Schuld anderer" Idee - bezogen auf die 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts in Europa - momentan nicht so gut kommt.
In sofern kommen nicht nur irgendwelche Leute auf die Idee, sie ist sogar sehr verbreitet. Genau wie in Afrika wäre es Unfug, zu behaupten, NUR das sei der Grund. Umso weniger, je länger das Ganze her ist. Aber natürlich spielen solche Vorgänge, die ganze Gesellschaften und deren Verhältnisse definieren, eine Rolle.
Ferdinand Foch 1851 – 1929 „Das ist kein Frieden. Es ist ein Waffenstillstand auf 20 Jahre.“ 1918 über den Friedensvertrag von Versailles
Die willkürlichen Grenzziehungen in Afrika, die nicht schiffbaren Flüsse sind zwei Gründe warum Afrika nicht "so am Welthandel teilnehmen kann" wie z.B. die europäischen Länder. Die Kolonisation, der Sklavenhandel etc. pp. haben ein übriges dazu beigetragen, das nur ein paar afrikanische Länder einigermassen am Wohlstand partizipieren können.
Traurig genug.
@paulmeyers
Es gibt Historiker die die Zeit von 1914 bis 1945 als "zweiten Dreissigjährigen Krieg" betrachten.
Geändert von Schmolle (20.07.2018 um 13:46 Uhr)
Protest war schon immer käuflich.
@Schmolle, darauf wollte ich mit dem Zitat hinaus.
Der Sklavenhandel ist ein ganz interessantes Thema, alleine schon vom Ursprung des Wortes her.
Zum Thema Kolonialismus finde ich ja das Buch "Warum Nationen scheitern" ganz gut. Geht zwar nicht primär um das Thema, aber zeigt ein paar spannende Ansätze.
Zum Erbe der Kolonialherren und der Teilhabe am tollen Welthandel und westlichen Werten empfehle ich diesen Podcast: https://castbox.fm/vb/59644530
Life isn’t, and has never been, a 2 – 0 victory against the League leaders after a fish and chips lunch. (Nick Hornby)
Über 10 Mrd an Überschuss in der Kasse von Scholz in den ersten 6 Monaten. Da kann man ja gespannt sein, welche sozialen Wohltaten jetzt daraus folgen werden.
Mit der Halbierung der SV Beiträge auf Betriebsrenten ist die erste Schnapsidee ja schon geboren.
Gleichzeitig schaffen es die Ministerien nicht die zur Verfügung stehenden Mittel für Investitionen unterzubringen. Langwierige Genehmigungsverfahren, ausgelastete Baubranchen und komplizierte Vorschriften sei Dank