Irgendwann gabs hier auch mal halbwegs interessante Diskusionen. Seitdem Seehofer Wahlkampf macht, kommt nur irgend nen stumpfes Zeug bishin zu Nazivergleichen und Erdowahnvergleichen etc. Dabei ist das Thema halt echt diskusionsfähig
Erdogan ist nicht der Ideologe, als den ihn seine Gegner häufig darstellen. Er ist ein kühl kalkulierender Machtpolitiker, ein Populist, voller Argwohn, bereit, selbst die engsten Freunde zu opfern. "Tayyip glaubt an Gott - aber er traut ihm nicht", sagt sein religiöser Lehrer.
Für Erdogan ist der Islam ein Machtmittel wie es die Wirtschaft, die Aussenpolitik oder grundsätzlich die Rhetorik sind. Genau deshalb ist es auch nicht "grotesk", ihn mit Söder, Seehofer oder irgendeinem anderen Machtpolitiker zu vergleichen. Die Umstände diktieren deren Handeln und die Umstände sind hierzulande eben ein wenig anders als in der Türkei. Die Flüchtlinge sind Seehofer, was die Ungläubigen Erdogan sind. Und nur damit wir uns da nicht falsch verstehen, das kann sich alles in fünf Jahren schon wieder um 180° gedreht haben.
@Dondiego
Willkommen im Turbokapitalismus. Der wirtschaftliche Aufschwung ist überall nur auf Sand (aka Krediten) gebaut, die einzig entscheidende Frage ist, ob man das "frische" Geld, um die finanziellen Verpflichtungen der riesigen Schuldenberge zu begleichen, zu 2 % Zinsen wie Deutschland oder zu 9 % Zinsen wie Griechenland bekommt.
@ Fruchtoase, ganz so "einfach" ist es dann eben nicht. Die Unternehmen in der Türkei sind hauptsächlich in Dollar verschuldet. Der Absturz der Lira bringt demnach mitsich, dass der Ertrag enorm gesteigert werden muss, um überhaupt diese Schulden begleichen zu können neben den Zinsen die fällig sind.
Und auch die privaten Haushalte haben sich enorm in Dollar verschuldet, was bei der aktuellen Entwicklung mittelfristig arg problematisch werden kann. Dann läuft es nämlich wie in den USA zur subprime Krise, dann ist der ganze WOhlstand den die Mittelschicht aufgebaut hat auf einmal weg.
Die Spirale die Erdogan in der Türkei angedreht hat ist nicht zu vergleichen mit normalen westlichen Ländern. Dort wird es eher auf Argentinien oder Venezuela Niveau ablaufen wenns knallt
Geändert von Dondiego (25.06.2018 um 16:31 Uhr)
Fr. Merkel gratuliert Erdogan.
Hr. Özdemir kritisiert Erdogan-Anhänger und vergleicht sie mit AfD-Wählern.
"Muss uns beschäftigen" auf Twitter.
Er erklärt sie zu Feinden der liberalen Demokratie. Wäre ihm daran gelegen andere Meinungen zu akzeptieren, dann hätte er nur für sich selbst gesprochen.
Özdemir hat völlig recht und ist sowieso einer der ganz wenigen wählbaren Grünen, mittlerweile.
Hmm, dass wir ihnen einen Rüstungsdeal abgepresst haben für Kredite (das Geld dafür haben wir uns übrigens selbst geliehen, aber für weniger als den halben Zinssatz, den wir von Griechenland dafür verlangten (wie man das unter europäischen Freunden eben so macht )) ist Dir bekannt? Dass Schäuble und Merkel die Sparknute über Griechenland gepresst haben mit ihrer Macht in Europa und damit den Ausverkauf griechischen Staatseigentums erzwungen haben ist Dir bekannt? Ganz davon abgesehen, dass wir seit Schröder den größten Niedriglohnsektor Europas etabliert hatten, mit dem nicht einmal Griechenland konkurrieren konnte ist bekannt?
Das könnte man auch gern noch weiterführen, Fazit ist schlicht und ergreifend, Deutschland ist seit Jahrzehnten hochzufrieden damit, dass andere Länder sich total verschulden, um unseren ganzen Scheiß zu kaufen. Ich stimme ihm bei einigen Sachen nicht zu, aber in der europäischen Schuldenproblematik trifft Flassbeck den Nagel auf den Kopf.
Nur weil man bestimmte Situationen ausnutzt, heißt das ja aber nicht, dass man ursächlich daran beteiligt war oder die Schuld trägt. Was allerdings bestimmte Handelstaktiken ethisch gesehen auch nicht annehmbarer macht.
Die KRise in Griechenland war mehr hausgemacht als die reine Schuld Deutschlands, damit macht man es sich zu einfach.
Griechenland als westliches Land der euopäischen Union hat sich jahrelang einen Sozialstaat aufgebaut, der schlicht mit deren Strukturen nicht tragbar war. Das fängt an bei organisatorischen Dingen wie eine effiziente Steuerverwaltung, Katasterwesen, Verwaltungsapparat etc. pp Das Steuerrecht in Griechenland ist z.B. an Wahnwitz kaum zu übertreffen, und hat mit Effiziens und Besteuerung nach Leistungsfähigkeit mal so gar nichts zu tun. Unternehmen und Personen konnten tun und lassen was sie wollten.
Gleichzeitig gab es Regelungen für Staatsbedienstete, die so dermaßen viel Geld erhalten, da kann sich ein deutscher Spitzenbeamter die FInger nach lecken, aufgebaut auf einem riesigen Schuldenberg. Darüber hinaus hat Griechenland ein Militär, das so überhaupt nicht zu dem Land passt, den Rüstungsdeal hast Du ja schon erwähnt.
Das sind alles Mosaiksteine auf den Weg zum großen Knall den die erlebt haben.
Frankreich hat mitunter ein ähnliches Problem im öffentlichen Bereich wo Macron versucht gegen anzugehen, einfach weil das in der heutigen Zeit nicht mehr tragbar ist. Was die sich da teilweise leisten, das muss man sich eben leisten können, oder mit den Konsequenzen leben.
Deutschland hat dank der SPD damals seine Hausaufgaben gemacht, allerdings die letzten Jahre sich schlicht auf den Erfolg ausgeruht, was sich auf kurz oder lang ebenfalls rächen wird