Zitat von
Dr. Westhoff
Nur mal so zum Nachdenken in der ganzen Wiesenhof-Werder-Diskussion:
Der Vertrag mit Infront läuft bis 2019 und ist mit 8 Millionen pro Jahr dotiert. Das sind bei noch 6 Jahre Laufzeit, in der Summe 48 Millionen Euro Garantieeinnahmen.
Wenn Werder jetzt öffentlich gegen Wiesenhof Stellung bezöge oder denen sogar vorzeitig die Partnerschaft aufkündigt, würde dies mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nicht nur Vertragsstrafen nach sich ziehen, sondern auch das Ende der Zusammenarbeit mit Infront bedeuten.
Betrachtet man die aktuelle sportliche Lage bei Werder - mit der fehlenden europäischen Bühne - kann man sich eigentlich an einem Finger abzählen, was für einen Sponsor Werder dann alleine akquirieren würde und zu welchen Konditionen.
* Dann sind wir etatmäßig ganz schnell auf Niveau vom SC Freiburg oder dem FC Augsburg.
* Dann wären Transfers der Größenordnung Makiadi oder Caldirola unmöglich und vielen waren diese Summen jetzt schon zu dürftig.
* Dann geht es wirklich jedes Jahr nur noch um das Mitspielen im letzten Tabellendrittel.
Das Infront keinen anderen Sponsor als Wiesenhof finden konnte, ist doch eines der deutlichsten Anzeichen vom stetigen Niedergang der Marke Werder. Ohne EL oder CL ist Werder nur eine graue Maus, ohne besondere Strahlkraft für Premiumsponsoren. Als Werder in der letzten Hinrunde auf EL-Kurs stand, verhandelte man mit Huawei über den größten Werbedeal, den Werder jemals abgeschlossen hätte. Ein zweistelliger Millionenbetrag für Werder stand im Raum - also mehr als Infront garantiert zahlt. Als es Woche für Woche immer tiefer in den Keller ging, war Werder für Huawei nicht mehr interessant, da keine Präsentation in europäischen Wettbewerb und man brach von deren Seite die Gespräche ab.
Statt auf Infront zu schimpfen, sollte der Werderfan jeden Abend eine Kerze für Manfred Müller anzünden, dass er mit seiner letzten Amtshandlung diesen dicken Vertrag bis 2019 klar gemacht hat, ohne den es ein ganzes Stück düsterer in Werders Kasse aussehen würde.
Denkt ihr nicht, dass es Infront vielleicht sogar ganz recht wäre, wenn Werder öffentlich mit entsprechenden Statements gegen Wiesenhof einen Grund für eine vorzeitige Kündigung liefern würde? Schließlich muss Infront derzeit einen Premiumpreis bezahlen, der in keinem Verhältnis zum aktuellen Marktwert passt.
Da tun Eichi, Filbry und Werder allgemein mehr als gut daran, in der Öffentlichkeit den loyalen Partner zu mimen, nur um keine juristische Angriffsfläche zu bieten. Intern werden die die Partnerschaft mit Wiesenhof sicherlich verteufeln, aber sie können und müssen sich so äußern wie aktuell.
Von dem Druck der Nike machen wird, wegen der wohl schlechten Verkaufszahlen dieses Jahr - da die blanken Trikots aus 2012 wegfallen - mal ganz zu schweigen.
Werder ist doch zurzeit ein fragiles Gebilde im sportlichen wie finanziellen Umbruch. Wenn in diesem Prozess nun plötzlich das wesentlich Standbein Infront wegbräche, würde Werder extrem in Schieflage geraten. Dies sollte man bei allem berechtigten Ärger über Wiesenhof immer im Hinterkopf zu behalten.
Schließlich ist es nicht Werder, der Wiesenhof zu dem höchst umstrittenen Unternehmen macht, sondern all die Millionen Verbraucher, die Wiesenhof einen Umsatz von 2,3 Milliarden bescheren. Hier ist der Hebel anzusetzen und nicht bei Werder, die quasi alternativlos Wiesenhof akzeptieren mussten.
Statt im Internet mit Fackel und Mistgabel auf Werder loszugehen, sollte jeder in seinem Umfeld dafür sorgen, dass bei den Leuten ein Umdenken in Sachen Billigfleisch eintritt. Denn wenn die Nachfrage nach billigen und billigstem Fleisch sinkt, gibt es bald auch keine Massenmäster wie Wiesenhof mehr, bzw. die Anzahl der Tier wird reduziert und diese können unter besseren Bedingungen gehalten werden.
Das geht - wenn überhaupt - nicht von jetzt auf gleich, sondern ist ein langer Prozess, an dessen Anfang auch bessere Löhne für die Allgemeinheit stehen muss, um nicht mehr auf Billigdiscounter angewiesen zu sein. Solange in Deutschland ein Drittel der Arbeitnehmer im Niedriglohnsektor arbeiten müssen und ALG 2 zum Aufstocken benötigen, bleibt einem Großteil der Deutschen keine andere Wahl als beim Discounter um die Ecke einzukaufen, mit allen Konsequenzen für die Tier- aber auch Pflanzenzucht. Es wird schließlich nicht nur Fleisch unter Wert produziert, sondern auch Gemüse. Man denke nur an die riesigen Tomaten und Gurkenfarmen in Almeria in Spanien, wo spanische, osteuropäische und afrikanische Billigarbeiter unter menschenunwürdigen Bedingungen arbeiten müssen, damit bei uns das Gemüse schön billig ist.
Erzählt mal einem Arbeiter mit Frau und zwei, drei Kindern, der Vollzeit arbeitet und trotzdem noch ergänzendes ALG 2 braucht, dass er nur noch ethisch und ökologisch vertretbare Waren aus dem Bioladen kaufen soll. Spätestens zur Monatsmitte kann er dann zur nächstgelegenen Tafel gehen, um seine Familie durchzubekommen, wo er dann aber auch nur die Überschüssen aus den Discountern bekommt, um den Zynismus des aktuellen Gesellschaftssystem komplett zu machen.