Ich denke nur in dem Maße, in dem man daran mitgearbeitet hat. Na gut, als Mitglied des eines Fußballvereins oder als aktiver Fan hat man ja einen geringen Anteil. Aber ich käme nicht auf die Idee, auf trilliarden Meisterschaften des FCB stolz zu sein. Oder als Steuerzahler auf die Segnungen unseres Staates. Da müsste wohl schon mehr kommen.
Ich wäre stolz auf unsere Nation, gelänge es, tolerant, weltoffen, empathisch zu wachsen. Mag mein Anteil da ebenso gering sein.
@beatjunkie.. Na ja, an den wirtschaftlichen Erfolgen habe ich ja einen gewissen, wenn auch mikroskopischen Anteil.
Das Problem der Welt ist, dass intelligente Menschen voller Zweifel und Dumme voller Selbstvertrauen sind.
Charles Bukowski
@Soler
Auch hier wieder: wo stehen Stolz auf seine Heimat und das Reflektieren über die Verfehlungen der Heimatnation im unüberbrückbaren Gegensatz?
Aber es ist natürlich wunderbar einfach, dem Patrioten generell das Stigma des individuell gescheiterten überzustülpen, der der gesichtslosen Masse folgt, damit er wenigstens auf irgendwas stolz sein kann. Ich halte das in etwa für so produktiv, wie den Vorwurf rechter Idioten, alle Migranten seien Schmarotzer und Verbrecher.
Das Problem der Welt ist, dass intelligente Menschen voller Zweifel und Dumme voller Selbstvertrauen sind.
Charles Bukowski
Ich verstehe dieses ganze Stolz-Gehabe in Bezug auf seine Herkunft sowieso nicht. Bin ich ein besserer/schlechterer Mensch wenn ich in Deutschland statt in Slowenien geboren bin?
Ich persönlich kann irgendwie nur Stolz auf Dinge sein, die ich selbst im Leben erreicht habe und nebenbei noch auf meine Familie. Ich bin froh in Deutschland zu leben, da es mir hier gut geht. Allerdings ist mir in den letzten 1-2 Jahren auch vermehrt aufgefallen, wie beschissen es anderen Leuten in diesem Land geht und was politisch teilweise extrem falsch läuft und was für Ansichten mittlerweile öffentlich scheinbar völlig Normal hingenommen werden. Da läuft Einiges falsch und es gibt teilweise ein enorm voreingenommenes Bild von bestimmten Menschengruppen. Das nervt und macht mir ein Stück weit auch Angst. Die aktuelle Flüchtlingsdebatte ist dabei der Höhepunkt und zeigt immer mehr wie dumm und voreingenommen wirklich ein großer Teil unserer Gesellschaft ist. Irgendwie sollte man da schleunigst mal gegenwirken...
Diese ganze dumme Nationen- und Grenzensache ist zudem eh total überbewertet. Klar, es muss eigenständige Staaten geben und irgendwo muss mal ein Schnitt gemacht werden, dennoch frage ich mich wieso ein Mensch teilweise keine Berechtigung hat dort zu Leben, wo er möchte. Ist die Herkunft wirklich so entscheidend? Scheinbar ja. Ich frage mich aber warum...?
Mal eine andere ernstgemeinte Frage, die ich teilweise nicht ganz 100%ig verstehe. Warum wir von Linken/Antifaleuten so sehr der Tag der deutschen Einheit und teilweise schon das reine hissen von Deutschlandfahnen so extrem verpönt? Kann mir das mal Jemand kurz erklären? Hat es was damit zu tun, dass man diese Einheit als scheinheilig empfindet und Patriotismus an sich ablehnt?
Geändert von Emslaender (13.08.2015 um 13:32 Uhr)
Wo genau hat irgendjemand Stolz mit einer Erhebung über andere gleichgesetzt? Warum muss das Hand in Hand gegen?
Ob Nationalstolz Ursache des Nationalismus ist, oder vielmehr eine parallel auftretende Erscheinung, so wie Afterjucken den Hämorrhoiden, vermag ich letztendlich nicht zu entscheiden. Allerdings scheint es mir gute Gründe zu geben, solches zu vermuten.
Das Problem der Welt ist, dass intelligente Menschen voller Zweifel und Dumme voller Selbstvertrauen sind.
Charles Bukowski
Als Kroate sage ich einfach mal Ja
Ansonsten halte ich die Diskussion grundsätzlich für müßig, aber das Argument 'Du bist ja nur hier geboren, wie kommst du darauf Stolz aufs Land zu sein?' mag ich auch nicht. Ist mir zu einfach gedacht und liegt vielleicht daran, das der Begriff Stolz irgendwie zu negativ behaftet ist. Ich bin der Meinung, das man durchaus Stolz auf sein Herkunftsland sein kann. Das ist nicht immer gleichbedeutend damit, das man uneingeschränkt alles verteidigt, was von diesem Land so produziert wird und was davon schon ausgegengen ist. Mit Verfehlungen der Vergangeheit kann man sich nämlich trotz Stolz außeinandersetzen und sie ablehnen. Wenn es aber in bedingungslosen Patriotismus abgleitet, hat das nicht mehr mit Stolz zu tun, sondern eher mit Minderbemitteltheit.
Geändert von beatjunkie (13.08.2015 um 13:49 Uhr)
"Wenn Jesus eine Waffe gehabt hätte, würde er heute noch leben." (Homer Simpson)
Ich denke, Nationalismus ist die Folge unreflektierten Nationalstolzes, der zudem den Blick über den Tellerrand scheut.
abgesehen davon, dass ich ich mich schwer tue, auf etwas stolz zu sein (und daher auch: mich wegen etwas schuldig zu fühlen), zu dem ich nichts beigetragen habe:
ich finde Schuldgefühle sind zum überwinden da oder aber sie richten Unheil an. Auf die Dauer ist Schuld unerträglich und muss verdrängt, über Täter-Opfer-Umkehr verleugnet oder vielleicht auch mit "Stolz" überkompensiert oder sonstwas werden.
Richtig persönliche/gefühlte Verantwortung kann man mMn nur übernehmen, wenn man sich nicht schuldig fühlt. Ob man deswegen gleich stolz sein muss, weiß ich nicht. Aber ich denke, ein gesundes Selbstwertgefühl ist eine bessere Voraussetzung für Verantwortungsübernahme als ein nagendes Schuldgefühl.
Ich würde mir daher wünschen, dass die "Spätgeborenen" Deutschen sich nicht mit Schuldgefühlen wegen der durch NS-Deutschland vollbrachten Greueltaten herumschlagen. Wer da glaubt, aus Schuldgefühlen heraus persönlich etwas "wieder gut machen" zu müssen, der "infiziert" eine wünschenswerte Haltung mit den falschen Motiven. Eine kritische Haltung gegenüber der NS-Zeit sollte mMn nicht aus einem "Ausgleichskalkül" für die eigene Psychohygiene resultieren (und das Kalkül geht ja fataler Weise auch psychisch nicht auf), sondern aus einer autonom erworbenen persönlichen Werthaltung.
Geändert von George Weah (13.08.2015 um 13:58 Uhr)