Warum sollte man sich entschuldigen wenn man wie MRR klingt?
Warum sollte man sich entschuldigen wenn man wie MRR klingt?
Ich finde im Grunde, dass 'langweilig' oder 'spannend' kein rechtes Kriterium für Literaturkritik ist. Vor allem dann, wenn sie da stehenbleibt, das ist so ein dahingestelltes Geschmacksurteil ohne Fundament.
Neben "langweilig" oder spannend" gehörte vor allem "schrecklich", "schlecht" und "uninteressant" zm Vokablar einer MRR Kritik.
Über MRR sagte Helge Schneider mal, "er träumt von Mann. Er träumt davon, daß Thomas Mann kommt, ihm die Hand auf die Schulter legt und sagt: "Du bist gut! Alle anderen sind schlecht!"
Knausgard, da habe ich regelrecht schiss vor. Einerseits mutig, so vor der Öffentlichkeit die Hosen runter zu lassen, andererseits natürlich (zumindest für mich) schwingt da auch son bischen "fishing for compliments" mit (so denke ich), andererseits geht das ja voll in Richtung therapeutisches Schreiben und das macht mir dann Angst. Diese Angst kann ich schlecht erklären. Ich versuche es mal so:
Also mir hilft Schreiben nicht, meine Geister loszuwerden, bei mir habe ich eher das Gefühl, ich öffne dabei Pandoras Box.
Ich habe einen heiden Respekt vor Menschen, wie Knausgard.
Protest war schon immer käuflich.
Ich mochte die Art von MRR nicht drumherum zu reden. Aber natürlich kann man das aus der Distanz gut sagen, er hat sicher auch eine Menge Menschen unnötig verletzt.
Bei Knausgard geht's mir wie K: Inspiration durch Realität gerne, Realität als solche nicht. Das ist aber eine Grundhaltung und ist nicht verifiziert durch das Lesen der Bücher. Aber es reizt mich eben auch nicht mich da reinzufuchsen.
Mir fiel neulich per Zufall 'Heile Welt' von Walter Kempowski in die Hände. Erzählt die Geschichte eines Junglehrers den es für einen dritten Neustart ins Leben in ein niedersächsisches Kaff verschlägt als einzigen Dorfschullehrer Anfang der 60er. Das war schon schön geschrieben, die alten Geschichten im Dorf (Nazi, Kommunist, Flüchtling, uneheliches Kind etc.), Abhängigkeiten, Abneigungen, Zuneigungen, gegenseitiges Beäugen, alle auf dem Präsentierteller, Lehrproben und schulische Hierarchien. Macht die Zeit sehr anschaulich, dazu humorvoll-ironisch geschrieben. Habe mich dann mit der Person Kempowski beschäftigt weil ich nie was von dem gelesen hatte und den immer so als einfachen Heimatdichter abgespeichert hatte. Zu Unrecht. Und auch hier viel Biographisches, da er selber Dorflehrer war, zurückgekehrt in den Westen aus Gefängnisaufenthalt in der DDR wegen Spionage. Ist jetzt kein 'must have', aber ein sehr schöner Zeitvertreib.
Bei Kempowski muss ich immer an folgende traurige Geschichte denken, die ich aber, glaube ich, schon einmal erzählt habe.
Als ich noch in Rostock wohnte, kam ich immer mal wieder beim Kempowski-Archiv vorbei. Einmal stand dort eine Touristengruppe, die sich eine Stadtführung geben ließ und zum Kloster zum Heiligen Kreuz wollte. Und da hörte ich diesen Dialog mit:
Stadtführerdame: "Hier ist das Kempowski-Archiv. Kennen Sie Walter Kempowski?"
Allgemeines verneinendes Murren.
Stadtführerdame: "Das ist nicht so schlimm. Den kennt in Rostock auch keiner."
(Was so natürlich auch nicht stimmt.)
Irre. Vater war Reeder, Kempowski selber ist Kriegsende in den Westen gekommen, hat dann 48 seinen Bruder in Rostock besucht. Der wollte ihm Material über unerlaubtes Abtronspieren von Industriegütern der Russen mitgeben. Er ist dann verhaftet worden und saß in Bautzen. Anhgeblich hatte nicht er die Papiere sondern ein Freund von ihm, der mutmaßlich Ostagent war. Der Mann hat lange in Bautzen gesessen und sehr viel mitmachen müssen. Hat auch erst spät Anerkennung für sein Werk erhalten. Hat mich sehr beeindruckt der Mann.
Kempowski ist für jemanden wie mich, der in den 70ern kulturell sozialisiert wurde, eine Institution.
{Meta Male}
„Der Mensch braucht wenig und auch das nicht lange.“ - Edward Young (1683-1765)
„Das Wort verwundet leichter, als es heilt.“ -J. W. v. Goethe (1749-1832)
Der Bursche war einer der ganz Großén seiner Zunft. Chronist und Romancier zugleich. Beides gleichermaßen gut, wenn nicht herausragend. Kempowski jetzt.
Protest war schon immer käuflich.
Ich habe mir ein paar Bände der "Deutschen Chronik" als Hörbuch (von Kempowski gelesen) angehört. War lustig, damit in den Kopfhörern durch Rostock zu laufen.
Das ist wie Eulen nach Athen tragen!
Protest war schon immer käuflich.
Ich hörte unlängst "Deutschland - Erinnerungen einer Nation".
Protest war schon immer käuflich.
„1. März 1989: „Spiegel“-Lyrik von Herrn Matussek […] Bedauerlich, daß mich das ankotzt, sonst würde ich den Artikel zu Ende lesen. „Wie kommt es eigentlich, Herr Matussek, daß Sie einen so brillanten Stil haben?“ wird er im Fernsehen gefragt. Wie kommt es eigentlich, liebe Freunde, daß ihr allesamt den Arsch offen habt?“
– Walter Kempowski, 1989 -
Allein dafür muss man ihm ewig dankbar sein.
Buongiorno Dio, lo sai che ci sono anch'io!
Mit dem Tod habe ich nichts zu schaffen: Bin ich, ist er nicht. - Ist er, bin ich nicht.
Fight like a titleholder, stand like a champion, live like a warrior - and never let'em break you down!
Spätestens seit Goethes Götz von Berlichingen werden uns suggeriert das Statements, in denen das Wort "Arsch" vorkommt, seien substantiell.
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Ich lese nun den 7ten Fall von Karl Moik und seinen Freunden von der Surete, ach was, dem Sonderderzernat Q. "Selfies" heisst das Dingen.
Protest war schon immer käuflich.