Wenn es schon einen Thread dazu gibt, dann bitte gerne hier löschen, meine Suche hat aber keine für mich passende Treffer ergeben.
Aber ich habe ein paar Fragen bzw würde gerne eine Diskussion über diesen Werder-Weg führen, der mir spätestens seit einem Kommentar am Wochenende auf SZ.de Kopfzerbrechen bereitet; vielleicht nur, weil ich es nicht verstehe. Ich komme aus Bayern, bin aber seit meinem 6. Lebensjahr 94 Werderfan und werde es auch immer bleiben. Nein - nicht nur Fan, sondern eher Freak. Als Freak steht für mich die "Marke" Werder über allem, weit über irgendwelchen random Spielern, Trainern oder anderen Verantwortlichen, die mal mit der Raute rumgelaufen sind. Aber vor allem sehne ich mich auch nach Erfolg, nach Spektakel, nach Drama, nach geilen Erlebnissen von und mit meinem Werder. Mir ist, vielleicht auch aufgrund der geografischen Distanz, dann eher nicht so wichtig, norddeutsch unterkühlt Understatement zu üben oder es toll zu finden, wenn Werder "anders ist als andere". Aber so interpretiere ich diesen Werder-Weg, der uns 2020 wohl in die zweite Liga führen wird. Ob wir dann wieder hoch kommen - und wenn ja, wie und wann - kann keiner sagen. Ich persönlich hätte daran große Zweifel.
Aber was ist dieser Werder-Weg eigentlich? "Anders sein" - ist es das? Das ist echt eine ernst gemeinte Frage, da ich es einfach nicht begreifen kann und will, wie ein Unternehmen, und das ist Werder nunmal, auf Einnahmen und Erfolg "verzichtet", weil man "anders" sein will, ergo nicht den Trainer rauswirft, den Sportdirektor in Frage stellt, sich Investoren verschließt, das Stadion lieber umbaut statt neu zu bauen, den Nachwuchs anders anpacket als an anderen Standorten, das Scouting anders angehet, Mitarbeiter und Angestellte aufgrund anderer Kriterien als ihrer Tauglichkeit für die Stelle einstellt usw usw.
Oder gibt es diesen Werder-Weg gar nicht und er existiert in den wirren Gedanken von Fans und Medien, aber eigentlich handeln die Verantwortlichen ganz anders? Ist ein "Werder streut den Mechanismen des Geschäfts Sand ins Getriebe" nur eine hohle Phrase eines Journalisten, der die Hintergründe nicht kennt? Ich für meine Wenigkeit sehe den Untergang in den 10er Jahren, der mich im Fandasein massiv verändert hat, als eine Folge des Werder-Wegs, den ich in meiner Naivität mit Attributen wie "Rückständig", "Konservativ" oder "Treu" beschreiben würde. Egal ob beim Festhalten an Trainern, beim Schaffen neuer Jobs oder bei der Verpflichtung von Spielern. Immer schwingt bei mir der Stallgeruch mit.
Gleichzeitig sind neue Player auf den Markt gekommen, die in Sachen Innovation Maßstäbe setzen. Auf und neben dem Platz. Bestehende Player haben sich massiv angepasst und weiterentwickelt, so dass sie sich von ihren sportlich tristen Zeiten wieder erholt haben und jetzt in CL und EL Dauergast sind. Bei Werder dagegen ist für meinen Geschmack aus der Ferne (!) einfach aber vieles stehen geblieben und wird gefühlt weiter geführt wie in den 80ern und 90ern unter Willi Lemke oder dem Doktor. Dass das irgendwann mal dazu führen wird, dass das Fass überlaufen muss, ist nur folgerichtig. Seit 2011 haben wir fast jedes Jahr bis zum Schluss unten dringen gehangen und uns aufgrund diverser Gründe irgendwie retten können. Die Warnschüsse kann man alle schon gar nicht mehr zählen. Wirklich daraus gelernt hat man irgendwie nicht, so mein Eindruck.
Vielleicht kann dieser Werder-Weg ja aber auch was ganz Tolles sein und für Erfolg stehen. In 5, 10, 20 Jahren? Wer weiß? Vielleicht führt er auch ins Verderben? Die Fakten sind derzeit halt recht eindeutig: Wir spielen die schlechteste Saison unserer Bundesliga-Geschichte, stehen so nah am Abgrund wie nie, der Abstand zur Konkurrenz wird im Geldbeutel, in der Tabelle oder auf dem Platz immer größer. Nicht wenige glauben, dass es uns 2020 erwischen wird. Und - ich sage es ganz ehrlich - macht dies kaum mehr fassungslos, wütend oder kämpferisch. Nur traurig und resignierend. Vielleicht auch, weil ich kein Ende des Werder-Wegs erkennen kann? Gerne dürfen Menschen, die näher an Bremen und dem Umfeld stehen, jetzt auf mich einprügeln. Aber vielleicht hilft es mir und anderen Fans auch einfach, die Situation besser zu verstehen und vielleicht neuen Mut aus der Situation zu ziehen?!?!